Kinderarmutsbericht für Paderborn erstellen

Die Grüne Ratsfrau Brigitte Tretow-Hardt beantragt im Jugendhilfeausschuss:

Der Jugendhilfeausschuss beauftragt die Verwaltung, einen Kinderarmutsbericht für Paderborn zu erstellen und ein Handlungskonzept zu entwickeln mit dem Ziel der Verbesserung der sozialen und kulturellen Teilnahme von Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien.

Begründung

Armut hat Auswirkungen auf Kinder. Sie haben weniger Chancen, am sozialen und kulturellen Leben teilzunehmen und sind täglich Ausgrenzungen ausgesetzt.

Laut dritten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 2008, haben Kinder aus einkommensschwachen Familien häufiger Übergewicht, zeigen häufiger sozial auffälliges Verhalten und nehmen seltener an aktiver Freizeitgestaltung, etwa an Sportangeboten teil.

Die kürzlich vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen vorgestellten Ergebnisse zur Jugendgewalt und Jugenddelinquenz im Landkreis Paderborn (Schülerbefragung) zeigen auf, dass Armut ein höheres Gewaltpotential bedingt.

Mehr als jedes sechste Kind in Deutschland lebt in Armut. Laut OECD- Studie ist Kinderarmut in Deutschland in den letzten Jahren weit stärker als in den meisten anderen Industrienationen gewachsen. Armut betrifft nicht nur die Bezieher/innen für ALG II, sondern auch zunehmend Familien, die in einem festen Arbeitsverhältnis stehen und „arm trotz Arbeit” sind.

In Folge der Wirtschaftskrise wird sich die Armutsproblematik weiter verschärfen.

Armut wird vor Ort gelebt. Auch wenn die Verantwortung bei der Bundsregierung liegt, sind wir kommunal in der Verpflichtung, dass auch Kinder aus einkommensschwachen Familien die gleichen Bildungschancen haben und an soziokulturellen Angeboten vor Ort wie z.B. im Rahmen von Vereinsmitgliedschaften und Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche teilnehmen können.

Armut grenzt aus. Der Alltag von Kindern aus einkommensarmen Familien sieht anders aus. Wenn kein Geld da ist, kann kein Kindergeburtstag gefeiert werden, ist das Schwimmbad zu teuer, kann der Vereinsbeitrag und die Trikots oder Fußballschuhe nicht bezahlt werden, kein Bus- und Eintrittsgeld, um mit Freunden und Freundinnen Schlittschuh zu fahren oder ins Kino zu gehen etc.

Die Stadt Paderborn hat ein umfangreiches Ferienprogramm mit über 100 Ferienangeboten für Kinder und Jugendliche für dieses Jahr erstellt. Mit dem Untertitel „Vielfalt, die für sich spricht” hat sie Recht. Die Angebote sind vielfältig und bestimmt hoch interessant für viele Kinder und Jugendliche. Kinder aus einkommensschwachen Familien werden wohl kaum in den Genuss kommen, daran teilzunehmen.

Während das Jugend- und Sportamt mit ihrem Ferienprogramm ausgrenzt, fordert die Evangelische Kirche von Westfalen mit ihrer Kampagne „Lasst und nicht hängen!” – „Gegen Kinderarmut” eine Selbstverpflichtung ihrer Gemeinden und Kirchenkreise, für jede Freizeit für Kinder und Jugendliche 20 Prozent Freiplätze zur Verfügung zu stellen. Das ist ein richtiger Weg, um auch Kindern die Möglichkeiten zu geben, an gemeinschaftlichen Aktivitäten teilzunehmen, Talente und Fähigkeiten zu entwickeln und ihnen Chancen für Entfaltungsmöglichkeiten zu eröffnen.

Auch die Stadt Paderborn muss sich der Herausforderung stellen, soziale Integration von Kindern einkommensschwacher Familien bei allen ihren Angeboten zu fördern und modellhaft für andere Anbieter wie Vereine und private Anbieter zu handeln.

Ein Kinderarmutsbericht soll nicht nur statistisch das Ausmaß der Armut im Stadtgebiet und den einzelnen Stadtteilen aufzeigen, sondern auch eine Erhebung über die Mitgliedschaft in allen relevanten Sportvereinen und die Teilnahme an Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe durchführen. Weitere Benachteiligungen sind aufzuzeigen. Darauf aufbauend soll ein Handlungskonzept entwickelt werden, um auch den Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien eine Chance zur Teilnahme an allen wesentlichen Angeboten unserer Stadt zu ermöglichen. Eine frühe Integration ist die beste Prävention gegen soziale Ausgrenzung und für Chancengleichheit.

Brigitte Tretow-Hardt

Bündnis / Die Grünen