Grüne Resolution für den U3-Ausbau und gegen das Betreuungsgeld ist ein Lackmus-Test für echte Familienpolitik

Der Paderborner Rat soll nach Willen der grünen Fraktion gegen das geplante Betreuungsgeld Stellung beziehen und an die Bundesregierung appellieren, diese finanziellen Mittel stattdessen in den Ausbau der U3-Plätze investieren.

„Der familienpolitische Zielkonflikt trifft Paderborn ab August 2013 in voller Härte“, erklärte die grüne Fraktionsvorsitzende Brigitte Tretow-Hardt, „weil alle Eltern dann einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder von ein bis drei Jahren haben“. Auch Paderborn werde die 35% Ausbauquote an U3-Plätzen zum Stichtag nicht erreichen und habe als Universitätsstadt einen höheren Bedarf.  „Bevor die Bundestagsberatungen beginnen, muss der Rat wie andere kommunalen Gremien auch ein deutliches politisches Signal setzen!“, fordert Tretow-Hardt.

In dieser Situation gilt es für die gesamte Politik, von den Kommunen bis zur Bundesebene die Prioritäten richtig zu setzen.  Wenn beim Ausbau der Kindertagesstätten die „eigentliche Musik“ spiele und „in den Kitaausbau unsere gemeinsame Energie gehöre“, wie die Bundesfamilienministerin Dr. Schröder am 10. Mai im Bundestag selbst erklärt hat, muss sowohl im Interesse der Kinder als auch angesichts der klammen Finanzlage in den Kommunen das Gesetzesvorhaben „Betreuungsgeld“  kassiert werden.

Mit ihrem Antrag sehen sich die Grünen vom Städte- und Gemeindebund, den Gewerkschaften und Wohlfahrts- und Arbeitgeberverbänden unterstützt. Zuletzt warnte der nationale Bildungsbericht vor der Einführung des Betreuungsgeldes, weil es frühkindliche Bildung verhindere und den Staat finanziell überfordere. Die grüne Fraktion schlägt dem Rat der Stadt Paderborn vor, folgenden Beschluss zu fassen:

Der Rat der Stadt Paderborn bittet die Bundesregierung, auf die Einführung eines Betreuungsgeldes zu verzichten und stattdessen die dafür vorgesehenen Mittel in Höhe von bis zu 2,2 Milliarden Euro jährlich in den Ausbau der Kinderbetreuung zu investieren.

Vierschiedene Gründe sprechen dafür das Gesetzesvorhaben der CSU nicht zu realisieren:

  • Schweden (2008), Norwegen (1998) und Finnland (1985) haben langjährige Erfahrungen mit einem Betreuungsgeld gesammelt. Mindestens 320 Euro werden dort Eltern ausgezahlt, die auf eine staatliche Kinderbetreuung verzichten. Eine Studie befasst sich mit den Auswirkungen:  „In der Praxis bewahrheiten sich die Befürchtungen der Betreuungsgeld-Gegner. Es wirkt sich nachteilig auf die Geschlechtergerechtigkeit aus, es behindert die Erwerbstätigkeit von Müttern und bremst den Ausbau der Betreuungsangebote – und es hält vor allem Zuwandererfamilien davon ab, ihre Kinder in eine KiTa zu schicken.“ (Süddeutsche Zeitung, 20.04.2012)
  • Die Kosten für das Betreuungsgeld werden auf 1,2 Milliarden Euro geschätzt, also fast ein Drittel der 4 Milliarden Euro für den gesamten Krippenausbau. Geld, das dann für den Ausbau der Kinderbetreuung fehlt. Deshalb sollte das Geld besser in ein flächendeckendes und gutes Betreuungsangebot für Kleinkinder investiert werden, um damit endlich eine echte Wahlfreiheit für Familien – insbesondere für Mütter – herzustellen.
  •  Grundsätzlich halten wir es für nicht sinnvoll, für eine staatliche Leistung zu zahlen, die NICHT in Anspruch genommen wird. In erster Linie sollte es eine Investition ins System und nicht in die Portemonnaies der Eltern sein. Wenn Eltern selbst entscheiden sollen, welche Form der Betreuung sie vorziehen, setzt das voraus, dass sie eine Entscheidungsfreiheit haben. Davon kann aber angesichts fehlender Krippenplätze in der Realität gar keine Rede sein.
  • Ab dem 1. August 2013 besteht bundesweit ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr. Es darf nicht dazu kommen, dass Kommunen zu Ausfallbürgen eines unterfinanzierten KiTa-Ausbaus werden. Das teure Betreuungsgeld wird dringend für den KiTa-Ausbau gebraucht!
  • Gerade Kindern aus sozial schwächeren und bildungsfernen Familien muss früh der Zugang zu öffentlichen Bildungsstätten ermöglicht werden, um ihre Bildungschancen deutlich zu verbessern.
  • Als eine Konsequenz des Betreuungsgeldes ist zu befürchten, dass viele Mütter länger zu Hause bleiben. Dies gilt angesichts der Höhe von KiTa-Gebühren auch für „NormalverdienerInnen“-Haushalte.
  • Ihr Wiedereinstieg in den Beruf wird so deutlich erschwert. Das können wir uns nicht leisten, denn schon jetzt gibt es in Deutschland einen erheblichen Fachkräftemangel. Wenn jetzt zusätzlich Anreize geschaffen werden, die diese Entwicklung noch verschärfen, ist das volkswirtschaftlich nicht sinnvoll.

 

 

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