Glückwunsch Paderborn! – Paderborn wird die 100. Fair-Trade-Stadt

Ulrich Pietsch war einer der Initiatoren. Padergrün hat ihn gefragt, wie alles begann:

Fairtrade-Town Paderborn – Von der Idee zum Zertifikat

Die Idee kam mir auf der Fairtrade Fachmesse FAIR2010 im Oktober 2010. Seit dieser Zeit bedeutete das „Klinken putzen“ bei Läden, Gaststätten und Institutionen. Häufig erntete ich dabei zumindest Anerkennung für mein Engagement aber auch Interesse an aktiver Mitarbeit. Das waren solche Statements wie „so ein Gepa-Minishop könnte auch in unser Geschäft passen“ oder an einer Schule „Das passt voll in das Leitbild unserer Schule, wir arbeiten schon länger mit dieser Thematik. Ich melde mich bei ihnen“. Irgendwann wurde mir klar, dass eine angenommene Visitenkarte noch kein Fuß in der Tür eines neuen Aktionspartners ist.

Dann war da noch das erste Treffen mit der Kampagnenleiterin aus Köln, das zwar Aufbruchscharakter hatte, aus dem aber nur ein enger Kreis von Aktiven hervorging. Seit dem jedoch am 31.05.11 der Ratsbeschluss für den Erwerb des Titels „Fairtrade-Town“ ohne Gegenstimmen erfolgt ist, hat die Kampagne erheblich an Schwung gewonnen.

Bis dahin setzte sich die Steuerungsgruppe, die die Aktionen koordiniert, hauptsächlich aus Vertretern der Weltläden bzw. aus Politik und Kirche zusammen.

Infolge des Beschusses wurde Frau Boschin-Heinz, Referentin des Bürgermeisters, zur Beauftragten der Stadt für die Aktion ernannt. Seitdem widmete sie sich mit viel Einsatz und persönlichem Engagement der Kampagne. Im Unterschied zu der Zeit vor dem Beschluss, konnten nun auch Vertreter aus Einzelhandel, Schulen und Stadtmarketing für die Sache gewonnen werden. Ausschlaggebend dafür waren nicht nur ein Aufruf des Bürgermeisters sondern auch die Netzwerke die dadurch zum Tragen kamen, wobei das Engagement des stellvertretenden Bürgermeisters Herrn Honervogt erwähnt werden muss.

In einer Steuerungsgruppensitzung wurden Arbeitsgruppen gegründet, die sich um die Bereiche Schulen/Universität, Einzelhandel, Gastronomie und Kirchen kümmerten. Die geschah wie während der ganzen Zeit mit mehr oder weniger Erfolg. Mit Ausnahme des Michaelsklosters waren weder Vertreter der Schulen noch der Uni bereit, sich mit eigenen Aktionen zu beteiligen. Beteiligen hieß vor allem auch mit einer Veröffentlichung in der Presse, denn nur so konnten diese Aktionen für die Bewerbung dokumentiert werden.

Im Einzelhandel hat sich die Ladenkette Minipreis besonders hervorgetan. Neben Verkostungsangeboten in den Filialen beteiligte sich bzw. sponserte das Unternehmen den Aktionstag Anfang Februar im Südring-Center. Außer Minipreis waren an diesem Tag u.a. die Verbraucherzentrale, die Gepa und Schülerinnen des Michaelsklosters aktiv beteiligt. Mit dieser öffentlichkeitswirksamen Aktion konnten viele Passanten auf das Thema aufmerksam gemacht werden.

Einen Zeitungsartikel gibt´s unter:

http://www.nw-news.de/lokale_news/paderborn/paderborn/6017547_Gerechter_Handel_fuer_besseres_Leben.html

Bis zuletzt war die Erfüllung des Kriteriums: „Mindestanzahl der gastronomischen Betriebe“ (13) eine Achillesferse der Bewerbung. Entscheidend waren dann die Bäckereifilialen Zarnitz die schon vor der Kampagne fair gehandelte Produkte ausgeschenkt haben. Dadurch haben wir jetzt über 60 Läden und über 30 gastronomische Betriebe im Stadtbereich die uns mit fair gehandelten Produkten versorgen. Ein fairer Einkaufsführer im PDF-Format steht zum Download unter:

http://www.paderborn.de/stadt/download/FairTrade-Einkaufsfuehrer-Paderborn.pdf

Neben den ohnehin schon aktiven Eine-Welt-Kreisen in den Kirchengemeinden haben das Dekanat Paderborn und der evangelische Kirchenkreis ein gemeinsames  Schreiben an die Pfarrgemeinderäte und Presbyterien aufgesetzt. Darin wird dazu aufgerufen, im Rahmen von Veranstaltungen bzw. in den kirchlichen Räumlichkeiten ausschließlich Fairtrade-Produkte auszuschenken.

Nicht zuletzt hat sich die Stadt Paderborn bzw. das Stadtmarketing aktiv gezeigt. Seit ca. einem Jahr werden die Neubürgertaschen mit fair gehandelten Artikeln bestückt. Das Plakat „Fair-liebt, fair-lobt Fairtrade“ schmückte zu erst die Busse der Padersprinter und ist seitdem auch in anderen öffentlichen Gebäuden zu sehen. Dazu kam noch weiteres Prospektmaterial das für die Kampagne werben sollte. Mittlerweile ist beim Stadtmarketing eine fair gehandelte Paderschokolade und eine vom Künstler Wolfgang Brenner gestaltete Fairtrade-Tasse erhältlich, und natürlich ist jetzt auch wieder die Paderbohne dort im Angebot.

In der letzten Steuerungsgruppensitzung wurden alle Kriterien nochmals abgecheckt, so dass die Bewerbungsunterlagen an den Transfair e.V. in Köln abgeschickt werden konnten. Somit können wir mit der Verleihung der Urkunde, während der Fairen Woche, am 20.10.2012 rechnen. An diesem Tag werden an mehrere deutsche Städte gleichzeitig die Urkunden verliehen. Das geschieht deshalb, weil eine dieser Städte die 100. Fairtrade Kommune Deutschlands sein wird, das Happening aber nicht nur einer vorbehalten sein soll. Außerdem ist es zum 20 jährigem Bestehen des Vereins üblich, an jedem 20. eines Monats diesen Jahres ein Highlight stattfinden zu lassen.

Nun ist auch ein Rück- und Ausblick angesagt. Zu Beginn der paderborner Kampagne im Oktober 2010 gab es gerade mal 27 Fairtrade Städte in Deutschland. Abgesehen von der Überzeugungsarbeit vor Ort in den Geschäften und Institutionen mussten zunächst Formalitäten berücksichtigt werden, bis der Beschluss am 31.05.11 endlich zur Vorlage im Rat kam. Dabei muss gesagt werden, dass unsere Ratsfraktion von Anfang an hinter dem Projekt gestanden hat. Erst seit diesem Beschluss konnte und wurde im großen Stil auf die Verleihung des Zertifikats hingearbeitet. Zwischendurch kam es immer wieder zu Rückschlägen wie z.B. dem nachlassenden Engagement der Mitglieder der Steuerungsgruppe oder dem „großen“ Interesse einzelner Bürger aktiv zu werden, das sich letztendlich als heiße Luft entpuppte.

Bleibt zu hoffen, dass diese Auszeichnung für die Paderborner Bürger eine  Richtschnur für ihr Verbraucherverhalten sein wird. Gleichzeitig, und das war von Anfang an ein Hintergedanke, sollte sie für die politisch Handelnden ein Gebot bei Entscheidungen im öffentlichen Beschaffungswesen sein und somit nachhaltig wirken.

Alles was bisher geschah und in Zukunft noch geschehen wird, ist auf der Fairtrade Town Paderborn-Fanseite zu finden:

https://www.facebook.com/pages/Fairtrade-Town-Paderborn/295312650491608

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