Hindenburg und Jaeger von der Ehrenbürgerliste streichen – Grüne fordern historische Aufarbeitung

rathaus_schwarz-weiß-grauIn der Debatte um die Paderborner Ehrenbürger fordert die grüne Ratsfraktion, die Liste der Ehrenbürger Paderborns insgesamt von Historikern überprüfen zu lassen, um eine bessere Entscheidungsgrundlage für Streichungen zu erhalten. Dabei legen die Grünen ihr Augenmerk neben Lorenz Kardinal Jaeger vor allem auf den ehemaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. „In beiden Fällen haben wir große Zweifel, ob sie als Ehrenbürger tragbar sind“, erklärt die Fraktionsvorsitzende Brigitte Tretow-Hardt. Der grüne Antrag bezieht die Entscheidungsprozesse des Paderborner Rats bei der Vergabe der Ehrenbürgerwürde in den Jahren 1933 bzw. 1955 mit ein.

Zeitgleich mit Hitler hatte die Paderborner Stadtverordnetenversammlung am 20. April 1933 Hindenburg die Ehrenbürgerwürde verliehen. „Hindenburg hat als Reichspräsident in eigener Verantwortung Adolf Hitler zum Reichspräsidenten gemacht. Wer über Jaeger diskutiert, muss auch über Hindenburg sprechen“, erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dr. Klaus Schröder.

Mit seinen Verordnungen im Februar 1933 habe Hindenburg die Grundrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt und so der nationalsozialistischen Diktatur entscheidend den Weg gebahnt. Zudem lasse sich bei Hindenburg keinerlei realer Bezug zur Stadt Paderborn erkennen: „Gemeinsam mit Adolf Hitler wurde Hindenburg am 20. April, dem Geburtstag Hitlers, die Ehrenbürgerwürde zugesprochen. Auch die Internetseite der Stadt nennt zur Begründung nur, die Vergabe sei ‚wie in vielen anderen Städten auch‘ erfolgt.“, erläutert Schröder.

Als Grund für die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an den damaligen Erzbischof werden Leistungen des Wiederaufbaues genannt. Die DIP hat bereits auf eine Vielzahl von menschenverachtenden und militanten Äußerungen des Erzbischofs Jaeger aufmerksam gemacht. Seine Kriegshirtenbriefe sind bereits in den 70er Jahren kontrovers diskutiert worden. Die Grünen teilen die Kritik an den bischöflichen Entgleisungen. „Es wäre spannend zu wissen, wie die damaligen Ratsmitglieder die Haltung Jaegers zum Nationalsozialismus und seine Kriegspredigten bewertet haben“, erklärt Ratsmitglied Sabine Kramm.

Ehrenbürger, die sich in besonderer Weise um Paderborn verdient gemacht hätten, symbolisierten in besonderer Weise den Blick der Stadt auf ihre Geschichte. „Wer erklärt, toten Ehrenbürgern könne die Auszeichnung nicht aberkannt werden, flüchtet sich in ein allzu formales Politik- und Geschichtsverständnis“, meint Brigitte Tretow-Hardt und verweist auf den einmütigen Ratsbeschluss von 1983, Hitler aus der Ehrenbürgerliste zu streichen. „Wo nötig, muss eine deutliche Distanzierung ausgesprochen werden.“

Gleichzeitig dürfe die förmliche Streichung aus der Ehrenbürgerliste aber auch nicht zu einer Geschichtsklitterung führen: „Wir wollen, dass die notwendigen Streichungen hier in gleicher Weise transparent gemacht werden, wie es nach dem Beschluss von 1983 gemacht worden ist.“ Auf der städtischen Internetseite wird Hitler nicht in der Ehrenbürgerliste aufgeführt, aber am Ende wird auf die Streichung durch den Rat hingewiesen.