Landwirtschaft und Naturschutz bewegen sich aufeinander zu – Grüne Artenschutzkonferenz startet Dialog

Die erste Artenschutzkonferenz in Paderborn sollte der Start für einen Dialog zwischen Nutzern und Schützern der Natur vor unserer Haustür werden. Sie wurde viel mehr als das: Mit der Zusammenkunft namhafter Referenten und dem Besuch von fast hundert Zuhörern wurde durch den Austausch von Erfahrungen und Argumenten ein Grundstein gelegt, der sich als tragfähiges Fundament für einen gemeinsamen Artenschutz erweisen könnte. Ein faires Miteinander mit Respekt vor den jeweiligen Standpunkten war somit der Start eines Dialogs, der auf jeden Fall fortgesetzt werden soll, so die einhellige Meinung aller Beteiligten.

Dies waren Hubertus Beringmeier, Vorsitzender des Kreisverbandes Paderborn im Westfälischen Landwirtschaftsverband.  An seiner Seite diskutierten Josef Tumbrinck, Vorsitzender des Nabu in Nordrhein-Westfalen (Foto oben) und Norwich Rüße, Landwirt und agrarpolitischer und naturschutzfachlicher Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen. Unter der Moderation von Harald Grünau, Kreisfraktionsvorsitzender der Grünen, legten sie ihre jeweiligen Positionen dar und gaben einen tiefen Einblick in die dramatische Situation der rückgängigen Artenvielfalt auf der einen Seite und den Nöten der heimischen Landwirtschaft, die dem Preisdruck globaler Märkte standhalten und eine leistungsfähige Bewirtschaftung der Flächen gewährleisten müssen.

norwich rüße_2In ihren kurzen Vorträgen, vor allem aber in den anschließenden Diskussionen um viele Fragen kristallisierten sich einige Punkte heraus, die allen Besuchern besonders auf den Nägeln brannten. Da war zum einen die Vereinnahmung von Feldrändern: Abstände beim Pflügen, Düngen und Spritzen zu Wegen, Gewässern und Gräben würden, so die Erfahrungen von Norwich Rüße (Foto), derart minimiert, dass in einigen Kreisgebieten hunderte Hektar Land im Wortsinn unter die Räder der Traktoren kommen, die nicht zur Bewirtschaftung vorgesehen sind. Schwarze Schafe oder notwenige Maßnahmen zur Bekämpfung des giftigen Jakobskreuzkrautes, wie Beringmeier argumentierte, lägen dem zugrunde. An dieser Stelle wurde sowohl an die Vernunft appelliert wie auch der Ruf nach dem Katasterämtern laut, die die Äcker neu ausmessen sollen, um dieser Landnahme Einhalt zu gebieten. „Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung“, betonte Beringmeier. Die Landwirte seien „keine Betonköpfe“, aber bei einem Dünge- und Spitzmittelverbot „schaffen wir uns selbst ab“.

„Wir müssen den Naturschutz in die landwirtschaftliche Produktion integrieren“, lautete das Credo des Nabu. „Wir sind verdammt dazu, es gemeinsam hinzubekommen“, schrieb Josef Tumbrinck den Anwesenden ins Stammbuch. Ein Ansatz könnte sein, nicht die mitunter sehr großen landwirtschaftlichen Betriebe zu subventionieren, die nichts für den Artenschutz tun, sondern vielmehr umgekehrt zu agieren.

„Es war nie Ziel der Grünen, Bauern zu quälen“, so Rüße über die Ziele des neuen Naturschutzgesetzes. Aber der Gesetzgeber müsse auf die Auswüchse reagieren. „Grünland ist für die Artenvielfalt unerlässlich“, begründete er das Grünlandumbruchverbot.  Die Bildung von Biotopverbünden sei ein Ansatz, das Artensterben zu stoppen.

Fragen und Statements zu Themen wie dem Schutz von Kibitzen, dem Verbot von Glyphosat in privaten Haushalten, Flächenversiegelung und Bürokratieabbau beleuchteten die vielen Facetten der ersten Artenschutzkonferenz. Dass auf kurzen Wegen insbesondere über die Biologische Station viel erreicht werden kann, war die einhellige Meinung aller Beteiligten.

„Die Landwirtschaft wird sich stark auf den Naturschutz zubewegen müssen“, lautete nach zweieinhalb Stunden intensiven Austauschs das Fazit von Norika Creuzmann, Kreisvorsitzende der Grünen. Sie will  nach diesem Debüt im kommenden Jahr eine weitere Veranstaltung anschließen, bei der vielleicht schon erste Ergebnisse der fest zugesagten Kooperationen aller Beteiligten vorgestellt werden können. Und wer weiß: Vielleicht wird die Paderborner Artenschutzkonferenz dereinst eine Plattform, über die sich auf kurzem Wege alle Akteure  austauschen und Projekte verwirklichen können, ohne den Umweg über Gesetzgeber und Kontrolleure nehmen zu müssen.