Nicht vertretbares Risiko – Wortbeitrag zum Windklageverfahren in Borchen

Sehr geehrte Damen und Herren

Bei der Verwaltungsvorlage 008/2017 geht es um die Frage:
1. Beantragung der Zulassung einer Berufung beim Verwaltungsgericht Minden in Bezug auf das
Urteil AZ.: 11 K2120 vom 28.09.2016
2. Die Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Erteilung von Baugenehmigungen für 7 WEAs in
Etteln und Dörenhagen (Az in der Vorlage)

Bei der Betrachtung des Sachverhaltes haben die Mitglieder des Rates anhand der Vorlage eine abwägende Bewertung vorzunehmen, die sich letztlich in ein Abstimmungsverhältnis niederschlagen muss.

Wir diskutieren an dieser Stelle ausdrücklich nicht über die Frage der grundsätzlichen Ausrichtung im Umgang mit erneuerbaren Energien in Borchen und im Kreis Paderborn. Wir wollen dennoch feststellen, dass die Verfolgung der Ziele in einem politischen Verabredungskontext stehen, der unter anderem im Klimaschutzkonzept des Kreises Paderborn die Ausbauziele festgelegt hat. Dieses Konzept ist parteiübergreifend von einem breiten Konsens getragen und verabschiedet worden und soll als Grundlage hier nur noch einmal erwähnt werden. Wenn sich hier in Borchen ein grundlegend anderes Bild darstellen sollte und die Verabredungen allesamt in Frage gestellt werden, darf das mit dieser Vorlage nicht zusammen bearbeitet werden.

In unserer Abwägung machen wir das auch nicht. Somit schauen wir fokussiert nur auf diese Vorlage. Deutlich merken wir an dieser Stelle an, dass es sich hierbei um den Versuch einer sachlichen Bewertung handelt. Neben der textlichen Vorlage der Verwaltung sind hier eine Reihe von Stellungnahmen und rechtsanwaltlichen Bewertungen zu berücksichtigen. Seitens der Verwaltung wurden diese Informationen spät bzw. gar nicht zur Verfügung gestellt. Hinzu kommt, dass die zur Verfügung gestellten Stellungnahmen eher die Sichtweise der Verwaltung in den Vordergrund stellen. Für eine neutrale Abwägung sind aber alle Seiten notwendig! – Auch die Rechtsgutachten Gutachten des Kreises.

Der Auftrag der Ratsfrauen und Ratsherren ist es nun, bei der Entscheidung ebenfalls zu berücksichtigen, inwieweit wirtschaftliche Schäden oder Risiken für die Gemeinde eintreten können. Dieser Auftrag ist den Ratsmitgliedern bereits bei der Vereidigung als eine wesentliche Haltung und Auftrag mit auf den Weg gegeben worden. In diesem Zusammenhang sei deshalb nochmals erwähnt, dass offensichtlich vorhandene emotionale Gesichtspunkte das Abstimmungsverhalten nicht leiten dürfen.

Jetzt zurück zur Ebene der Entscheidungen:
Im vorliegenden Fall hat zum ersten Punkt, der Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht, der Kreis Paderborn bereits abgewogen und ist hierbei zur Auffassung gekommen, dass das Ziel aufgrund der vorliegenden Mängel im bestehenden FNP nicht erfolgversprechend ist und hat sich entschieden, die Berufung nicht zu beantragen. Auch dies erfolgte in Abwägung der Erfolgsaussichten, samt der Abwägung der möglicherweise für den Kreis entstehenden wirtschaftlichen Schäden.Die hierzu seitens der Verwaltung eingereichte anwaltliche Stellungnahme stellt Aspekte heraus, die Anhaltspunkte für eine entgegengesetzte Betrachtung liefern. Im Wesentlichen bleiben diese Äußerungen aber allesamt im Konjunktiv und stellen bei genauerer Betrachtung nur heraus, dass eine gewisse Chance besteht – oder eben auch nicht. Greifbare, bewertbare oder gar belastbare Aspekte bleiben hierbei unserer Ansicht nach aus. Unter Anderem ist dem Rechtsgutachten des Kreises auch die Einschätzung zu entnehmen, dass die 23. Änderung des FNPs in Teilen fehlerbehaftet ist und eine Höhenbegrenzung auf 100 Metern in unserem Flächennutzungsplan nicht als rechstgültig anzusehen ist. Selbst wenn die Fehler aus den vorherigen Planungen ausgeräumt werden könnten, bliebe dieser Punkt noch mit einer nicht einzuschätzenden Aussicht auf Heilung im Verfahren.

Die Beantragung der Berufung schätzen wir demnach eher als eine Signalentscheidung mit politisch-motivierter Aussagekraft ein. Im Weiteren geht es darum, das finanzielle Risiko für die Gemeinde zu beziffern. Die zu treffende Entscheidung stellt eine erheblich große, wirtschaftliche Verantwortung dar. Ratsmitglieder haben sich hierbei auch die Frage zu stellen, ob sie verantwortungsvoll, fahrlässig oder vielleicht sogar grob fahrlässig handeln und damit ihre Sorgfaltspflichten im Rahmen der Ausübung ihrer Ratstätigkeit vernachlässigen.
Hieraus können sich, bei entsprechender Missachtung, auch Forderungen ergeben, wenn ein Schaden gegenüber der Gemeinde entstanden ist. Der zweite Punkt, die Frage ob Rechtsmittel gegen Baugenehmigungen gegen den Kreis gestellt werden sollen, baut auf den ersten Punkt auf.

Kommt man zu der Einschätzung, dass eine Zulassung zur Berufung auf einer rechtlich nicht bewertbaren oder sogar eher vagen Argumentation beruht, muss im Folgenden davon ausgegangen werden, dass auch das Einlegen von Rechtsmitteln gegen die beantragten Windanlagen sich auf ein nicht eindeutig belastbares Gerüst bezieht. Da sich aus diesem Aspekt heraus ebenfalls weitere Schadensersatzansprüche in „nicht bezifferbarer Höhe“ – so steht es in der Vorlage – ergeben können, ist dieser Umstand bei der Entscheidungsfindung ein wichtiger Punkt.

In Abwägung der vorliegenden Informationen und Sachverhalte kommen wir daher zur Entscheidung, dass die Zustimmung zu dieser Vorlage ein nicht vertretbares Risiko darstellt und wir eine Verfolgung der Rechtsmittel als nicht zielführend ansehen. Von daher werden wir der Vorlage nicht zustimmen und diese ablehnen. Im Zusammenhang mit möglichen Schadenersatzansprüchen und einer damit verbundenen Zuordnung einer Verantwortung beantragen wir, die Abstimmung namentlich vorzunehmen.