Neue Mehrheitsverhältnisse eröffnen neue Möglichkeiten – ein Kommentar von Petra Tebbe und Klaus Schröder

Seit im vergangenen Dezember die Koalition aus CDU und FDP in Paderborn zerbrochen ist, steht die CDU ohne Mehrheit da. Der Gedanke, in Paderborn endlich Politik ohne die CDU machen zu können hat die Oppositionsfraktionen animiert, sich zusammen zu setzen und zu schauen, was man in den laufenden Haushaltsberatungen gemeinsam hinbekommen könnte. Weil die Mehrheit der Opposition im Rat denkbar knapp ist – wir haben der CDU nur eine einzige Stimme voraus – mussten alle Oppositionsfraktionen mit an den Tisch; ein Spektrum von der Linksfraktion und SPD auf der einen Seite bis hin zu FDP, FBI, FÜR Paderborn und LKR auf der anderen. Und auch die fraktionslose Melis Demir haben wir eingebunden.

Trotz der schwierigen Ausgangskonstellation haben wir uns auf ein – wie auch wir Grünen finden – ansehnliches Antragspaket geeinigt. Die Gespräche fanden in einer außerordentlich offenen und kompromissbereiten Atmosphäre statt. Bei vielen Fragen die zuerst sehr schwierig aussahen, haben wir in offenen und konstruktiven Gesprächen gute Lösungen gefunden, die die Stadt (und grüne Ideen) voranbringen werden. Heute Vormittag haben wir diese Anträge dem Bürgermeister vorgestellt, im Anschluss hat eine Pressekonferenz stattgefunden, in der die Anträge erstmals öffentlich gemacht worden  sind.

Günstiger Wohnraum für Paderborn

Der größte Brocken ist sicher das Thema günstiger Wohnraum für Paderborn. Zentral ist hier die Gründung einer Paderborner Wohnungsgesellschaft, die günstige Wohnungen bauen und gegebenenfalls auch kaufen soll. Insbesondere denken wir dabei auch an die Wohnungen der Briten, die in den nächsten Jahren frei werden. Die Gesellschaft soll zunächst als städtische Gesellschaft aufgebaut werden, nach dieser Gründungsphase sollen alle Paderbornerinnen und Paderborner die Chance bekommen, sich über eine Genossenschaft an dieser Gesellschaft zu beteiligen. Darüber hinaus sollen zukünftig 30% aller Flächen für den geförderten Wohnungsbau reserviert werden. Dies gilt für alle Flächen, die die Stadt verkauft und alle Flächen, die neu durch Bebauungspläne erschlossen werden. Damit stellen wir sicher, dass zukünftig mehr sozialer Wohnraum entsteht.

Umfassendes Mobilitätskonzept

Zweitens soll für Paderborn endlich ein umfassendes Mobilitätskonzept mit einer langfristigen Perspektive erstellt werden. Das Konzept soll Zielszenarien für die Jahre 2025 und 2035 definieren und die dazu nötigen Schritte aufzeigen. Insbesondere soll es darum gehen, den ÖPNV attraktiver zu machen, z.B. durch Erweiterung und Verbesserung der Linienführung, engere Taktfrequenzen und bessere Preise. Auch die Radwege sollen verbessert und es sollen durchgängige Radverkehrstrassen vorgesehen werden. Darüber hinaus soll durch bessere  Sensorik und intelligentere Steuerung der Verkehrsfluss in Paderborn optimiert werden. Dazu sollen auch die Möglichkeiten als digitale Leitkommune genutzt werden.

Klimaschutz

Das bestehende Programm zur Errichtung von Photovoltaikanlagen auf städtischen Dächern soll von einhundert- auf dreihunderttausend Euro ausgeweitet werden. Zudem werden kurzfristig doppelt so viel Mittel für die Radwegunterhaltung eingeplant, um hier die nackte Mängelverwaltung zu beenden. Mit den Mitteln sollen auch die Streckenführungen aus den Ortsteilen in die Kernstadt verbessert werden.

Einzelhandels- und Zentrenkonzept

Stadtteilzentren und Nahversorgungszentren sollen im Einzelhandels- und Zentrenkonzept gestärkt werden. Hier sieht das Konzept Flächenvorgaben vor, die den aktuellen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Vorgesehen ist daher eine entsprechende Überarbeitung des Konzepts.

Weitere Anträge

Vor einigen Jahren wurde im Rahmen von Sparmaßnahmen entschieden, die städtischen Jugendzentren nicht mehr am Wochenende zu öffnen. Das soll nun korrigiert werden, die Jugendzentren sollen am Wochenende wieder öffnen. Um dies zu realisieren, werden zwei Stellen für Sozialpädagogen neu geschaffen.

Pro Familia soll einen Zuschuss von 10.000 Euro erhalten. Die Förderung dieser unabhängigen Beratungsstelle ist in den letzten Jahren immer von der CDU blockiert worden.

Die Tafel soll einen Zuschuss für die Mietkosten erhalten.

Finanzierung

Um die Finanzierung dieser Maßnahmen sicher zu stellen, wird der Ansatz für Personalkosten um 1,4 Millionen Euro reduziert. Hier hat sich die Verwaltung in den letzten Jahren große Spielräume geschaffen. Im letzten Jahr (2017) wurden ca. 4,2 Millionen Euro weniger ausgegeben, als ursprünglich veranschlagt. Die Kürzung verringert diesen Spielraum ohne dass Mittel für Kitas und soziale Einrichtungen fehlen werden.

Um zukünftig die Transparenz bei den Personalkosten zu verbessern, sollen zusätzliche Berichte zur tatsächlichen Ausnutzung der Stellen und zu den Veränderungen eingefordert werden.

 

Die Gespräche in den letzten Wochen haben viel Arbeit und Zeit gekostet. Das Unternehmen, mit so vielen Teilnehmern aus so einer großen politischen Bandbreite ein Antragspaket zum Haushalt zusammen zu stellen, haben vorab viele für unmöglich gehalten. Klaus Schröder hat immer gesagt: „Im Vergleich zu dieser Ausgangslage ist Jamaika ein Kindergeburtstag.“

Wie es sich gezeigt hat, war eine Zusammenarbeit alles andere als unmöglich! Alle Teilnehmer waren bestrebt, Dinge möglich zu machen und offen und vorurteilsfrei über alles zu sprechen. Wir wollen weiter in dieser Zusammensetzung im Gespräch bleiben. Das bedeutet für uns aber immer eine sachbezogene Zusammenarbeit im Einzelfall. Ein festes Bündnis oder gar eine Siebener-Koalition streben wir nicht an.

Zusammen mit den anderen Fraktionen haben wir Lösungen für etliche, seit langem festhängende Probleme erreicht. Speziell beim Thema günstiger Wohnraum und beim Mobilitätskonzept zeigt sich, dass es sich lohnt, über scheinbar festgelegte Positionen hinaus in einen konstruktiven Austausch zu gehen. Der Haushalt 2018 hat so die Chance, mehr zu sein, als nur das immer gleiche Weiterverwalten der alten Zöpfe.