Rede zum Haushalt 2011

Brigitte Tretow-Hardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen zum Haushalt der Stadt Paderborn:

Gegenstand unserer Haushaltsberatung in den Ausschüssen und Fraktionen waren im Wesentlichen die Abarbeitung der Maßnahmen von Rödl & Partner, d.h. Abbau von Leistungen für unsere Bürger Bürgerinnen und Erhöhung von Beiträgen zwecks Schuldenreduzierung. Das hat uns sicherlich allen keinen Spaß gemacht, denn schließlich engagieren wir uns politisch, um zu gestalten, zu verbessern und in die Zukunft zu investieren, in Bildung, in ökologische Projekte etc, und alles, was sich auch langfristig wirtschaftlich rechnet.

Wir haben nicht das von Rödl & Partner vorgegeben Einsparungsziel erreicht.

Das ist erst mal ein positives Ergebnis.

Positiv deswegen, weil der Rotstift von Rödl & Partner eben nur ein Rotstift ist, der sich keine Gedanken über gesellschaftliche Verantwortung und Auswirkungen macht, und der nicht das Maß aller Entscheidungen wurde

Positiv deswegen, weil wir im Konsens wichtige gemeinsame Beschlüsse gefasst haben, teilweise mussten FDP und CDU auch geschoben werden, wie z.B. die personelle Ausstattung der Kitas zu erhalten und nicht zu reduzieren, beispielsweise die Geschwisterregelung zu erhalten. Und natürlich bei allen Sparmaßnahmen, die einfach auf falscher Analyse von Rödl & Partner basierten.

 

In Anbetracht unserer Haushaltssituation ist  allerdings auch zu wenig gespart worden und das ist das negative Ergebnis.

Dank der Schlüsselzuweisungen stehen wir zwar etwas weniger schlecht da als angenommen. Wir müssen kein Haushaltssicherungskonzept erstellen, müssen aber wie auch im letzten Jahr unseren Haushalt vom Kreis genehmigen lassen.

Keine guten Aussichten für die nächsten Jahre!

 

Jetzt haben wir in den Haushaltberatungen der vorausgegangen Ausschüssen immer wieder von der FDP gehört, dass die Opposition gar nicht sparen will. Bei allen Anträgen, die wir stellten, immer wieder derselbe Wortlaut: „Die FDP will sparen und lehnt ab“. Das wurde schon richtig nervig, weil jede inhaltliche Auseinandersetzung fehlte. Die FDP hatte sich inzwischen wohl den seelenlosen Rotstift von Rödl & Partner ausgeliehen.

Die CDU argumentierte zumindest inhaltlich und lehnte dann erst ab.

 

Es stimmt, wir haben nicht blind überall mitgespart.

Ja, wir wollten nicht zu Lasten der Kinder und Jugendlichen sparen. Wir wollten auch nicht zu Lasten von Bildung sparen und auch nicht, dass die Ärmsten unter uns durch nicht bezahlbare Beiträge beim Besuch von Schwimmbädern, Musikschule etc. draußen vorbleiben, sondern teilnehmen können.

 

Unsere Leitlinie war: Gebührenerhöhungen ja, aber nicht zu Lasten von Familien, Kindern und Jugendlichen sowie von Armut betroffenen Bürgern und Bürgerinnen.

Und, liebe Ratsmitglieder von CDU und FDP,

soziale Gerechtigkeit stand bei Ihren Sparbeschlüssen nicht oben auf der Agenda!

 

Unsere Anträge auf  kostenlose Plätze bei den Ferienangeboten für Kinder und Jugendliche aus Armutsverhältnissen und Zurücknahme der Kürzungen bei der offenen Kinder- und Jugendarbeit hat die CDU und FDP allesamt abgelehnt.

Stattdessen hat die CDU die Jugendverbandsarbeit wieder aufgestockt und was war? Die FDP hatte ganz das Sparen vergessen und stimmte zu. Das war echte Koalitionspflege von ihr.

Und von der CDU war es auch Pflege, aber ihrem Klientel gegenüber. Schließlich sind es die Stimmen, die sie im JHA braucht.

 

Leider haben sich beide Fraktionen, CDU und FDP, auch beim Thema Schulsozialarbeit völlig beratungsresistent gezeigt.

Eine Fachdebatte wollten sie erst gar nicht führen.

 

Warum hat die CDU für  Hochstift a la carte und gegen den Zeltsommer gestimmt?

Weil sie die Gastronomie mehr schätzt als die freie Kulturszene?

Wir Grüne haben den Zeltsommer eindeutig favorisiert. Er bietet ein ganz eigenes Paderborner Kleinkunstprogramm an, das sicherlich im Rahmen des gesamten Kulturprogramms ein bunter Mosaikstein ist. Schade, dass das aufgegeben wird.

 

 

Die 40 Tausend Euro zusätzlich an die Initiative „Paderborn überzeugt“ für einen neuen Anlauf für eine Machbarkeitsstudie einer Messehalle sollte letzte Woche möglichst kommentarlos mit dem Stimmen von CDU und FDP über die Bühne gehen.

Es geht nicht um die Frage, ob Paderborn eine Messehalle haben soll oder nicht. Der Wunsch aller, die Wincor-World von Rheda-Wiedenbrück nach Paderborn wieder zurückzuholen, ist doch unstrittig.

Es geht nur um die Frage, besteht überhaupt weiterer Bedarf bei der heimischen Wirtschaft und wer ist der Investor bzw. die Investorengruppe.

In Anbetracht unserer auch zukünftigen Haushaltslage können wir nicht investieren.

Notwendig wäre von Anfang an eine klare Ansage, was die Stadt leisten kann oder nicht.

Die 40 Tausend Euro über den bereits im Rahmen der Initiative eingebrachten städtischen Anteils hinaus ist ein falsches Zeichen.

Eine teure Machbarkeitsstudie hatten wir bereits. Und manchmal denke ich, wir können froh sein, dass damals die Multifunktionshalle gescheitert ist. Wir hätten heute erhebliche zusätzliche Kosten im Haushalt zu verkraften.

 

 

Was den Domplatz betrifft, hat die CDU mit ihrer Rückwärtsrolle gerade mal eben unsere Stadt um 110 Tausend Euro Landeszuschüsse ärmer gemacht.

Und dabei hatte alles so gut angefangen:

Es war, glaube ich, das erste Mal in unserer Stadtgeschickte, dass die CDU sich für einen Wegfall von Parkplätzen entschieden hatte.

Wir Grünen gaben die Vorgabe: Ein Wettbewerb macht nur Sinn, wenn eine erhebliche Anzahl von Parkplätzen abgebaut werden.

Die CDU machte dann die Feinarbeit und fing an zu zählen mit dem Ergebnis,  dass der Verzicht gerechtfertigt war.

Und wir Grünen dachten, „geht doch mit der CDU! Sie zeigt Qualität“

Eine wechselnde Mehrheit im Rat war sowieso unser Wunsch, nachdem die CDU ihre absolute Mehrheit verloren hatte..

Die Hoffnung zerplatzte schnell.

Den Prostesten  hat die CDU nicht standhalten können und flüchtete sich in die Arme der FDP zurück. Der neue Schmusekurs heißt: Wegfall von möglichst wenigen Parkplätzen.

Den  Landeszuschuss haben Sie meine Damen und Herren von FDP und CDU in den Sand gesetzt.

 

Das zähe und nicht endend wollende Gerangel um die personelle Ausstattung der beiden Bibliotheken in Elsen und Schloß Neuhaus ist nicht mehr nachzuvollziehen.

Die Grünen waren gegen eine Schließung der Bibliotheken.

Grundsätzlich ist ehrenamtliches Engagement in Bibliotheken eine tolle Sache, aber nur, wenn zusätzliche Angebote geschaffen werden. Und nicht, wenn hauptamtliche Stellen dadurch gekürzt werden.

Zu dieser Grundhaltung stehen wir Grünen nach wie vor, obwohl wir uns ganz pragmatisch, um das Schlimmste zu vermeiden, auf den zähen Prozess der personellen Mindestausstattung

eingelassen haben.

Aber irgendwann ist auch unsere Toleranzgrenze überschritten.

Es geht um Vieles: Erhalt der Bibliothek, Erhalt der Qualität und Erhalt eines wichtigen Bausteins in der ganzen Bildungslandschaft.

Und es geht inzwischen um fast nichts an Kosten.

Wir befinden uns in einem Streit mit der FDP um ein Minimum an mehr oder weniger Personalkosten.

Das ist schon aberwitzig und Beleidigung für die ehrenamtlichen Kräfte.

Ehrenamt sollte man pflegen und nicht vergraulen.

Und im Übrigen: Unsere Schlossbibliothek ist wunderschön!!

 

Der Zusammenschluss von CDU und FDP zu einer Koalition hat sicherlich die Stadtpolitik nicht verbessert. Zumindest war früher die CDU-Politik berechenbarer.

Jetzt weiß man manchmal bis zu letzt nicht, was der kleine Partner dem Großen vorschreibt.

 

Im Gegensatz zu den Bibliotheken will die CDU  richtig Geld im Rahmen des Neuhäuser Handlungskonzeptes ausgeben.

Die Kassen sind leer. Es gibt keine Dringlichkeit bei den Maßnahmen.

Der Hatzfelder Platz kann warten. Der ist  jetzt auch in Ordnung. Und genau so wollte die CDU ihn damals haben.

Und ganz paradox wird es, wenn auf der einen Seite in Schloß Neuhaus städtische Zuschüsse an Private zwecks Fassaden – und Gestaltungsmaßnahmen ausgegeben werden sollen, und die CDU andererseits im GMP bei der stadteigenen dringend notwendigen Gebäudesanierung das Geld um 10% streicht. Unfassbar!

Das ist doch Klientelpolitik zu Lasten städtischen Vermögens.

Und diesmal, sogar gemeinsam mit der FDP  haben wir abgelehnt.

Wir sind der Meinung, dass das Handlungskonzept Innenstadt eine große Herausforderung ist, auch von den Ausgaben her. Dann sollte man sich darauf konzentrieren.

 

 

Jugendparlament

Einen Etat für das Jugendparlament werden wir im Haushalt nicht finden.

Pardon, ich sagte “Jugendparlament“. Der Begriff ist tabu seitens  CDU und FDP. Und ihren „Jugendkongress“ haben sie sich selbst vermasselt.

Die Vorsilbe „Jugend“ darf man noch sagen. Was danach kommt ist sprachliches Minenfeld.

Die von Herrn Walter initiierte und lebhafte Auftaktveranstaltung mit den Jugendlichen vor mehr als einem Jahr hat keine Fortsetzung gefunden.

CDU und FDP sind wahrscheinlich immer noch verzweifelt am Denken, wo es lang gehen soll mit der Jugendbeteiligung und wie das Ganze verflixt noch mal heißen soll.

Kein Wunder, dass sich immer weniger Jugendliche in Parteien engagieren wollen.

 

„Grüne Ideen, schwarze Zahlen“

Dieser Spruch stand zwar letzten Samstag in der Süddeutschen Zeitung im Zusammenhang mit Wirtschaftsunternehmen,

Aber er lässt sich  auch auf den Haushalt städtischer Kommunen übertragen.

Vielleicht nicht schwarze Zahlen, aber zumindest weniger rote Zahlen.

Die Diskussion einer dezentralen, d.h. auch kommunalen Gewinnung von regenerativer Energie haben wir Grünen vor weit mehr als 10 oder 15 Jahren angestoßen.

Bis auf das von uns vor Jahren initiierte Projekt der Solardächer für Bürger und Bürgerinnen ist nichts passiert.

Und die Bürger und Bürgerinnen investieren seit Jahren in Solardächern ihrer eigenen Häuser, weil es ökologisch sinnvoll ist und man zusätzlich auch eine vernünftige Rendite erwirtschaften kann.

Und die Stadt Paderborn? Sie verschläft die besten Zeiten.

Das Projekt mit Sparkasse und E.ON ist gescheitert, weil die Stadt nicht in der Lage gewesen ist, ihre Hausaufgaben bei der Bereitstellung der Dächer abzuliefern.

Nach unseren Informationen sind aber auch interessierte Bürger und Bürgerinnen nicht zum Zuge gekommen. Sie wurden einfach abgewimmelt.

Seit zwei Jahren tagt die Arbeitsgruppe dazu. Maßnahmen gibt es keine. Aber immerhin wurde durch Gutachten bestätigt, dass wir wirtschaftlich aktiv sein dürfen.

Tolles Ergebnis! Für Gutachten haben wir immer Geld in der Haushaltskasse.

 

Auch bei der Windenergie verschenkt die Stadt Geld.

Der ausgewiesene Standort Benhausen Nord (in städtischem Besitz) liegt seit 10 Jahren brach und immer noch ohne ein einziges Windrat. Jeder Bauer hätte längst die Chance genutzt, sein Grundstück an Windkraftinvestoren zu verpachten, um seine Einnahmen zu verbessern.

Die Stadt tickt anders und verzichtet auf Einnahmen.

 

Unser Haushalt ist ein Spiegelbild all dieser Versäumnisse.

 

Es kann auch nicht wundern, dass der Elternwille für eine dritte Gesamtschule im Haushalt keine Berücksichtigung findet.

Wenn Herr Westerwelle mit Dackelblick verkündet: „Wir haben verstanden“, dann kann man leider das von der Paderborner FDP nicht behaupten.

Die FDP verweigert sich dem Elternwillen und hat immer noch nicht verstanden.

Und die CDU tut so als ob. Macht sich mit auf den Weg der Standortsuche, wurschtelt sich so durch und verhindert erst mal durch ein nicht umsetzbares Stückwerk von Gesamtschule den Bau am Niesenteich.

Die CDU spiel auf Zeit,  aber die Zeit für eine dritte Gesamtschule ist bereits überreif, liebe RatskollegInnen von CDU und FDP.

 

Wir Grünen sind es gewohnt, dicke Bretter zu bohren und einen langen Atem zu haben.

Die schwarzen Bretter waren schon dick genug.

Aber jetzt haben wir einen Bretterhaufen, mal schwarz, mal gelb, mal ocker-grau.

 

Mit dieser Koalition lässt sich keine rationale und vor allem zielführende Stadtpolitik machen

Wir Grüne lehnen den Haushalt ab.

Brigitte Tretow-Hardt