“Flüchtlingshelferinnen und –helfer sind das Rückgrat unserer Demokratie!” – Rede von Sigrid Beer in Salzkotten

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Demokratinnen und Demokraten, liebe Alle, die sich gegen Rechts engagieren!

Es ist wichtig, dass Ihr gekommen seid und ein Zeichen setzt. Denn wir müssen deutliche Zeichen setzen

  • dafür, dass wir uns nicht für dumm verkaufen lassen,
  • dass wir Wolf und Schafspelz sehr wohl unterscheiden können!

Wir fallen nicht herein auf AfD-Doppelsprech, wenn Frau Petry das „freundliche Gesicht“ des Rassismus spielt, und rechtsextremen Inhalte ihrer Partei weich spült und verharmlost. Die Beispiele dafür sind ja äußerst eindrucksvoll: Da wird aus dem AfD-Lieblingswort „Lügenpresse“, mit dem sie engagierte Medienvertreter verunglimpft und diffamiert, augenzwinkernd ein „Pinocchio-Presse“ – so, als säße man gerade gemütlich beim Italiener oder als lese in einem lustigen Kinderbuch: Der Lügen-Vorwurf bleibt derselbe, nur die Verpackung wird schöner gewählt!

Nein, liebe Freundinnen und Freunde, wir lassen uns nicht von solchen Schafspelz-Parolen täuschen – wir wissen, was hinter der Fassade steckt. Dahinter steckt ein schlimmes völkisches Denken. Dahinter stecken Rechtsextreme wie der AfD-Mann Jörn Höcke, aus Lünen stammend und jetzt als AfD-Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag – der von einem tausendjährigen Deutschland träumt: „3000 Jahre Europa, 1000 Jahre Deutschland!“ Das ist die ideologische Festung, in der er sich verschanzt hat. Mir wird gruselig, wenn ich an das Geschichtsbild denke, dass er als Geschichtslehrer seinen Schülern vermitteln will. Und welche menschenfeindliche Verachtung, der Aufnahme von Flüchtlingen entgegengenbracht wird, macht sein Brandenburger Parteifreund Alexander Gauland deutlich, wenn er in einer Landtagsdebatte diffamiert: „die vielen freiwilligen Helfer in den Willkommensinitiativen würden zunehmend zu “nützlichen Idioten” einer unfähigen Landespolitik

Ich sage: Danke an alle Helferinnen und Helfer, die die Menschen willkommen heißen, sie bei uns aufnehmen und unermüdlich unterstützen. Die Flüchtlingshelferinnen und –helfer sind das Rückgrat unserer Demokratie!

Nein, wir lassen uns nicht darüber hinweg täuschen, dass Frau Petry oder ihr Brandenburger Parteifreund Alexander Gauland in Dresden bei Pegida auf Stimmenfang gehen und mit dem Volksverhetzer Lutz Bachmann politisch flirten, der 2013 auf Twitter erklärte: „Gehören standrechtlich erschossen diese Öko-Terroristen! … allen voran Claudia Fatima Roth“.  Und auf dessen Pegida-Kundgebungen schon einmal Sätze fallen wie: „Die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb!

Und wir kennen auch die Leute, die hier in Westfalen zu den AfD-Kundgebungen kommen – zum Beispiel in Oelde, wo Nazigrößen wie SS-Siggi aufmarschierten, der in Dortmund für die Rechtsextreme Partei „Die Rechte“ steht und vor einigen Jahren, nach dem dreifachen Polizistenmord seines Dortmunder Kameraden Michael Berger, den Aufkleber verteilte:„Berger war ein Freund von uns. 3:1 für Deutschland!“  Hinter Biedermann- und Biederfrau-Image der AfD steckt der Geist von Höcke, Bachmann, und SS-Siggi. Das sind die Rattenfänger, die da ihr Unwesen treiben!

Liebe Freundinnen und Freunde,

Wir setzen heute ein Zeichen dafür, dass wir uns vom AfD-Doppelsprech nicht beirren lassen!  Aber wir setzen auch ein Zeichen dafür, dass wir die Solidarität und Willkommenskultur für Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen, von der AfD und anderen nicht zerstören lassen!

60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht vor Krieg, Folter, Hunger, Armut und Elend: Es ist gut und richtig, dass unser Land in dieser Situation humanitäre Verantwortung übernimmt. Hundertausende von Menschen aus Deutschland konnten den Naziterror nur deshalb überleben, weil sie in anderen Ländern Aufnahme fanden. Das ist eine historische Erfahrung, die uns heute eine besondere Verpflichtung ist. Deutschland hat in einer Situation, in der zehntausende Flüchtlinge auf den Straßen waren, zu Fuß auf Feldwegen, Bahngleisen und Autobahnen, ein Zeichen gesetzt. Es hat nicht weggesehen, es hat seine Grenzen nicht zugemacht, es hat keine neuen Mauern und Stacheldrahtzäune gebaut.

Chapeau, Frau Merkel!

Das war auch ein Verdienst von Bundeskanzlerin Merkel. Ihr könnt Euch sicher vorstellen, dass ich den letzten 10 Jahren einige Kritik an ihrer Politik hatte, auch scharfe Kritik – weil da Vieles nicht stimmte. Aber an dieser Stelle sage ich ausdrücklich:

  • Chapeau, Frau Merkel!
  • Sie haben getan, was ich von einer Kanzlerin der Bundesrepublik in einer solchen Situation erwarte!
  • Jetzt halten Sie aber auch Pole und lassen sich nicht von den Seehofers dieser Welt demütigen.

Ja, die Situation ist nicht leicht. Aber:

  • Ist sie leicht für ein Land wie Jordanien, wo Millionen Flüchtlinge leben?
  • Ist sie leicht für die anderen Anrainer Syriens?

Wir haben tragfähige Ressourcen und können einen wichtigen Beitrag zur Linderung des Flüchtlingselends leisten. Und ich fordere ausdrücklich auch Politiker wie Bundesinnenminister de Maizière auf, endlich ihre Hausaufgaben zu tun – und die Situation beim BAMF, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, schnell und nachhaltig zu verbessern. Denn 300.000 unbearbeitete Asylanträge – die sind doch das größte Problem im System, das wir heute haben. Eine Altfallregelung wäre da die beste Lösung.

  • Herr Innenmister, schaffen Sie da schnell Abhilfe!
  • Und führen Sie keine Schein-, Ablenkungs- und Abschreckungsdebatten,

die nichts beitragen zur Lösung der Probleme.

Nehmen Sie ernst, was die Ev. Landeskirche von Westfalen gerade auf ihrer Synode beschlossen hat:

  • Sie wendet sich entschieden gegen die Aussetzung der generellen Gewährung eines Flüchtlingsschutzes für Syrerinnen und Syrer oder Geflüchtete aus anderen Kriegsgebieten.
  • Sie wendet sich gegen alle Pläne, Flüchtlingen aus Syrien und anderen Kriegsgebieten den Zuzug ihrer Kernfamilie zu verweigern.
  • Und sie setzt sich dafür ein, dass der Gesetzgebungsprozess für ein Einwanderungsgesetz so bald wie möglich auf den Weg gebracht wird.

Nehmen Sie ernst, was 45 katholische Ordensobere in einem offenen Brief „für ein menschenfreundliches Engagement für Geflüchtete“ der CSU ins Stammbuch geschrieben haben:

  • Diese appellieren an den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, „dringend von einer Rhetorik Abstand zunehmen, die Geflüchtete in ein zwielichtiges Licht stellt.“

Das, was die CSU da betreibt, ist nämlich keine christliche Politik ist !

Und ich möchte noch einen Satz aus dem offenen Brief zitieren, gerade heute und hier: „Als Ordensleute nehmen wir mit brennender Sorge wahr, wie auch in unserem Land rechtsnationale Kräfte und Meinungen wieder sprach- und öffentlichkeitsfähig werden.“ Herr Seehofer und Herr Söder:

Hören Sie auf, der AfD immer mehr Zulauf zu verschaffen!

  • Lassen Sie uns stattdessen jetzt gemeinsam schnell zum Wohle der Menschen handeln.
  • Lassen Sie uns gemeinsam und kraftvoll gegen menschenfeindliche Hetze angehen.
  • Lassen Sie uns die gesellschaftlichen Herausforderungen, die sich uns durch die Aufnahme der Flüchtlinge vielfältig und in großer Intensität stellen, gemeinsam in einem demokratischen Miteinander lösen.

Denn unsere Gesellschaft ist stark und wir sind es unseren eigenen Grundwerten schuldig, Menschen, die von Extremismus und Rassismus bedroht sind, mit Hass verfolgt werden, Zuflucht und eine neue Hoffnung und Heimat zu geben. „Danke“ an alle, die dazu beitragen!