Augen auf beim Volksbegehren: Schulformen nicht gegeneinander ausspielen

Zur Berichterstattung zum aktuell laufenden Volksbegehren zu G8/G9 erklärt Sigrid Beer, MdL:

„NRW-weit liegen nun die Unterschriftenlisten des Volksbegehrens aus. Immer mehr Eltern erkennen, was die Unterschrift für eine weitreichende Wirkung auch auf andere Schulformen hat. Es geht eben nicht um ein einfaches „Ja“ zu einer längeren Schulzeit am
Gymnasium. Gegenstand des Volksbegehrens ist vielmehr ein konkreter Gesetzentwurf der Initiative „G9-Jetzt-NRW“. Dieser Entwurf ist im Übrigen parlamentarisch nicht mehr zu verändern. Es muss, sollte die notwendige Zahl der Unterschriften erreicht werden, so wie
vorgelegt abgestimmt werden.

Das Abwiegeln von Marcus Hohenstein, Sprecher der Initiative »G9 jetzt in NRW«, mit seinem Verweis auf den Ganztag täuscht darüber hinweg, dass die Pflichtstundenzahl begrenzt werden soll. Das ist ein Beschneiden des Unterrichtsanspruchs und der individu-
ellen Förderung.
Und so beinhaltet der vorliegende Gesetzentwurf mehrere Pferdefüße:

1. Für alle Schulformen sollen acht Unterrichtstunden in der Sekundarstufe I gekürzt werden. Auch an Haupt,- Real-, Sekundar- und Gesamtschulen. Damit soll das zusätzliche Jahr am Gymnasium gegenfinanziert werden. Zurecht protestieren Lehrerverbände, Stadt-
schulpflegschaften und die Gesamtschuleltern gegen diese Übergriffigkeit auf Kosten anderer Schülerinnen und Schüler und zu Lasten der individuellen Förderung. Auch die Landeselternschaft der Gymnasien heißt das nicht gut und rät zur kritischen Durchsicht und genauem Lesen, was dort unterschrieben werden soll.
2. Der Gesetzentwurf des Volksbegehrens propagiert das alte Halbtagsgymnasium ohne Rücksicht auf die vielfältigen Bedarfe in den Familien und die Schulentwicklungsprozesse, in die die Gymnasien viel Energie und Engagement investiert haben. Der Schulerfolg wür-
de damit noch mehr als schon bisher an die soziale Herkunft gebunden werden. Im Prinzip geht es auch um die Exklusivität des Gymnasiums – auch in neun Jahren.

Es ist politisch klar, dass es Änderungen in den Lernzeiten geben muss. Die Grünen planen eine schulgesetzliche Vorgabe, damit an jedem Gymnasium G9 für alle Schülerinnen und Schüler angeboten wird. Wer das Abitur schneller absolvieren kann und will, wird auch diese Möglichkeit weiter haben. Die individuellen Lernzeiten gelten nicht nur für Gymnasien, sondern auch für Gesamtschulen. Die entsprechenden Lehrerstellen gehören selbstverständlich auch dazu. Grundsätzlich wollen wir die zweite Fremdsprache im 7. Jahrgang einsetzen lassen. Das ermöglicht einen besseren Übergang von der Grundschule in der SEK I in allen Schulformen und mehr Festigung der Lernergebnisse, -fortschritte und des Arbeitsverhaltens in den Jahrgängen 5 und 6.

Wir werden die Gymnasien nicht in eine ungute Konkurrenzsituation untereinander bringen, wie CDU und FDP das vorhaben, indem z. B. jedes Gymnasium entscheiden kann, ob es G8- oder G9-Gymansium werden will. Dadurch würde zudem ein gymnasialer Flickenteppich in NRW entstehen.“