Sorgearbeit in der Sackgasse – Care Revolution als Perspektive

Was ist Sorgearbeit, warum stellt diese aktuell ein Problem dar und was sind die Auswirkungen dieser Problematik für die Zukunft? Zur Diskussion dieser Thematik referierte Prof. Dr. Gabriele Winker, Professorin für Arbeitswissenschaften und Gender Studies an der TU Hamburg und Mitbegründerin des Netzwerks Care Revolution am 30.11.2017 auf Einladung des Grünen Salons im Mehrgenerationenhaus der AWO.

Der Begriff „Care“ bezeichnet die bezahlte und unbezahlte Sorgearbeit sowohl in der Familie als auch in staatlichen Institutionen, Wohlfahrtsverbänden und der Privatwirtschaft. 66 % aller entlohnt und nicht entlohnt geleisteten Arbeit ist heute in Deutschland Care-Arbeit. Diese Arbeit ist zeitintensiv, hat nur geringe Rationalisierungsmöglichkeiten und wird immer noch überwiegend von Frauen geleistet.

Viele Menschen geraten beim Versuch, gut für sich und andere zu sorgen, an die Grenzen ihrer Kräfte. Was als individuelles Versagen gegenüber den alltäglichen Anforderungen erscheint, ist jedoch Folge einer neoliberalen Wirtschafts- und Familienpolitik, nach der jede Person für sich selbst sorgen muss. Bei den in der Care-Arbeit Tätigen führt dies häufig zu psychischen Erkrankungen. Des Weiteren zeigt sich beispielsweise in Klinken eine erhöhte Anzahl an Überlastungs- und Gefährdungsanzeigen. Der demographische Wandel wird dazu führen, dass dieses Problem in der Zukunft immer größer wird.

Daher fordert Prof. Dr. Gabriele Winker einen grundlegenden Perspektivenwechsel – hin zu einer „Care Revolution“. Sie entwickelt Schritte in eine solidarische Gesellschaft, die nicht mehr Profitmaximierung und immer weiteres Wirtschaftswachstum, sondern menschliche Bedürfnisse und insbesondere die Sorge umeinander ins Zentrum stellt. Wichtige Bausteine sind eine Existenzsicherung für alle Menschen, eine Reduktion der Lohnarbeit, ein Ausbau der sozialen Infrastruktur und eine Demokratisierung im Care-Bereich.

Auf den Vortrag folgte moderiert durch die Soziologin Dr. Lena Weber eine angeregte Diskussion des Publikums mit der Referentin über konkrete Handlungsstrategien, insbesondere auch für Paderborn. Betont wurde, dass die verschiedenen Care-Bereiche nicht ausschließend und in Konkurrenz zueinander, sondern solidarisch und im Zusammenschluss aktiv werden müssen.

Foto (von links): Prof. Dr. Gabrielle Winker, Dr, Regina Sprenger (Grüner Salon), Dr. Lena Weber