Die Entwicklung in Paderborn sehen wir als große Chance zu gestalten – Sabine Kramm zum Haushalt

als ich mich bei unserer Haushaltsklausur im November dazu entschlossen habe, die diesjährige Haushaltsrede zu verfassen, ahnte ich noch nicht, dass ich dieses Jahr eine Rede FÜR den Haushalt halten würde.

Denn wir Grünen sind maßgeblich an der Gestaltung dieses Haushaltes beteiligt – unter denkbar schwierigen Verhältnissen – mein Kollege Klaus Schröder sprach von den Verhandlungen zwischen SPD, Linke, FÜR Paderborn, FDP, FBI, LKR, der fraktionslosen Melis Demir und uns Grünen treffender Weise von „Jamaika war dagegen ein Kindergeburtstag“. Aber (im Gegensatz zu Jamaika): in Paderborn hat es funktioniert. Mit viel Disziplin, Sachlichkeit und Respekt ist es den vormaligen Oppositionsfraktionen gelungen, ein umfassendes Antragspaket zu erarbeiten, dass einige, viel zu lange aufgeschobene Probleme endlich angeht. Das ist Demokratie, und dass das möglich ist in Paderborn macht uns sehr froh – und auch stolz.

Wir fragen uns allerdings, wie die Verwaltung in den letzten Jahren mit den Vorbereitungen auf den Haushalt umgegangen ist. Zu den Haushaltsberatungen hatten wir von der Verwaltung  mehr Transparenz und konkrete Zahlen erbeten. Dabei tauchten plötzlich Stellenreserven auf, die bisher in keinem Plan erkennbar waren. Das ist für uns nicht nachvollziehbar. Um eins klarzustellen: Wir wünschen uns eine gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung.  Aber als Grundlage dafür wünschen wir uns nicht nur Vertrauen. Die Grundlage muss echte Transparenz sein. Eine regelmäßige Berichterstattung über die Personalsituation hat genau das zum Ziel. Mit echter Transparenz ist eine solide Haushaltsplanung erst möglich.  Und wir brauchen noch mehr davon!

Ich möchte einen Blick auf das vergangene Haushaltsjahr richten. Zu den Beratungen 2017 hatten wir Grünen im Sozialausschuss eine Stelle für einen Quartiersentwickler beantragt. Die anderen Fraktionen haben das abgelehnt, was in Anbetracht der schon damals wachsenden Bedeutung der Quartiersarbeit für unsere Stadt nicht zu verstehen war. Jetzt, ein Jahr später stellten sowohl CDU, FDP als auch SPD genau unseren Antrag auf eine volle Stelle in der Quartiersentwicklung, so dass wir uns nur verwundert die Augen reiben konnten. Anscheinend war im letzten Jahr allein das grüne Antragslogo ausschlaggebend für die Ablehnung.

Die Landtags- und Bundestagswahlen im letzten Jahr haben gezeigt, dass wir uns in Zukunft mehr mit dem Thema Populismus und Rechtsextremismus beschäftigen und wachsam sein müssen. Die Anzahl der Stimmen für die AfD  ist besorgniserregend auch mit Blick auf die Kommunalwahlen in zwei Jahren. Ein guter Vorstoß des Integrationsrates, mit einem Beitritt der Stadt Paderborn zur Städtekoalition der UNESCO gegen Rassismus deutlich Flagge zu zeigen, ist leider abgelehnt worden. Damit wurde eine wichtige Chance vertan, Rassismus offen anzugehen und handlungsfähig zu sein. Eine klare Haltung des Rates gegen Rassismus wäre aus unserer Sicht ein wichtiges Signal für die Menschen in unserer Stadt gewesen.

Wir Grünen wollen die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen bei Entscheidungen, die ihre Stadt betreffen. Deshalb haben wir im letzten Jahr eine Woche der kommunalen Demokratie beantragt. Unter anderem sollte die Ratssitzung auf einem Platz mitten in der Stadt stattfinden. Wir wollten die Rats- und Ausschussarbeit zu den Menschen bringen und mit diesem – zugegeben ungewöhnlichem Format – eine erhöhte Aufmerksamkeit der Paderbornerinnen und Paderborner für die Kommunalpolitik erreichen. Dasselbe Ziel hatte auch unser Antrag zum Livestreaming der Ratssitzungen. Mehr Menschen erreichen, Interesse für Kommunalpolitik wecken, Entscheidungsprozesse leichter zugänglich machen – wir denken, dass das wichtige Schritte sind  für mehr Demokratie. Leider sind diese Anträge abgelehnt worden. Aber wir lassen uns nicht entmutigen!

Denn der Mut, neue, anderer Wege zu gehen ist  etwas, das Grüne Politik in Paderborn auszeichnet. Wir haben in den letzten Wochen viel von diesem Mut gebraucht und es hat sich gelohnt. In Paderborn ist etwas in Bewegung geraten. Mehrheiten sind nicht mehr klar und zwingen dazu, die Komfortzone zu verlassen und alte Muster zu durchbrechen. Das musste die CDU in den letzten Wochen lernen. Plötzlich hatte sie durch den Verlust des Koalitionspartners keine automatische Mehrheit mehr für ihre Anträge, was ihr im Kulturausschuss im Januar anscheinend zum ersten Mal wirklich bewusst geworden ist. Wobei man sich fragen muss, ob sie die unmissverständlichen Zeichen im Dezember letzten Jahres einfach ignoriert hatte, nach der knappen Mehrheit bei der Wahl des stellvertretenden Bürgermeisters der ja fast eine Bürgermeisterin geworden wäre…

Im Kulturausschuss wurde deutlich, dass sich die CDU keine Mühe gemacht hat, fachlich fundiert um Mehrheiten zu werben. Man merkte, dass sie es gewohnt war, „durch zu regieren“ und wohl vergessen hatte, dass man Anträge gut begründen muss. Wir erhoffen uns in Zukunft mehr Kommunikation und Austausch über Sachthemen, denn Demokratie bedeutet Dialog und aufeinander zugehen. Wir sehen dabei Unterschiedlichkeit nicht als Problem, sondern als Chance.

Diese Chance haben wir genutzt und ein wohldurchdachtes und zukunftsweisendes Antragspaket geschnürt, das wir heute mit dem Haushalt verabschieden wollen.

Wir übernehmen mit dem Paket Verantwortung für das Klima in unserer Stadt, für saubere Luft, die Grundlage unseres Lebens, die maßgeblich bestimmt wird durch den Verkehr. Wir wollen eine Vision für den Verkehr in Paderborn. Wir wollen ein umfassendes, vernetztes, integriertes Mobilitätskonzept. Unter Beteiligungen der Bürgerinnen und Bürger wollen wir alle Mobilitätsformen in den Blick nehmen und endlich die vielen Gutachten und Pläne in eine große, langfristige Linie bringen. Heute ist die Zustimmung der CDU zu unserem Mobilitätskonzept plötzlich kein Problem mehr –  dabei hat sie im letzten Jahr noch die Mittel für ein Verkehrsgutachten massiv gekürzt – mit diesem Gutachten wären wir heute schon ein gutes Stück weiter!

Zur Verbesserung des Klimas plädieren wir Grünen schon lange für einen stärkeren Ausbau von Photovoltaikanlagen auf den Dächern städtischer Gebäude. Auch die CDU hat diesem Antrag jetzt zugestimmt –  es ist völlig unverständlich, dass das nicht schon in den letzten Jahren passiert ist. Die Stadt kann durch eine erhöhte Investition in die Nutzung der Sonnenenergie sowohl ökologisch als ökonomisch nur gewinnen. Jetzt kommt es endlich dazu!

Wir übernehmen Verantwortung auch für das soziale Klima, indem wir das große Thema Wohnen in den Blick nehmen. Wohnen für alle, bezahlbaren Wohnraum schaffen- eine echte Problemlösung wurde in den letzten Jahren verhindert, obwohl die Wohnungsnot viele Menschen in unserer Stadt betrifft. Das Thema  wurde bisher von der Verwaltung nur zaghaft angegangen und von der CDU regelmäßig ausgebremst. Eine  Paderborner Wohnungsgesellschaft soll sich daher vorrangig um den geförderten Wohnungsbau in Paderborn kümmern. Das geplante genossenschaftliche Modell bietet den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich direkt zu beteiligen. Darüber hinaus gehen wir das Thema geförderten Wohnungsbau durch eine 30% Quotierung auf allen der Stadt zur Verfügung stehenden Ebenen verantwortungsvoll an.

Zum sozialen Klima gehört auch, dass wir die Belange der Menschen in den Blick nehmen, die keine große Lobby haben. Wir wollen eine finanzielle Unterstützung für die Paderborner Tafel und die unabhängige Beratungsstelle pro familia. Die Städtischen Jugendtreffs sollen gestärkt werden durch die Wiedereinführung der   Öffnungszeiten an den Wochenenden.

Verantwortung übernehmen wir natürlich auch für den Kulturhaushalt in der Stadt. Fast alle im Ausschuss mehrheitlich beschlossenen Anträge sind Bestandteil unseres gemeinsamen Antragspakets. Auch wenn wir Grünen, wie in den Jahren zuvor, leider noch keine Kostenfreiheit für die Nutzung der Museen und der Bibliothek erreicht haben.

Seit der Einbringung des Haushaltes durch den Bürgermeister im Oktober letzten Jahres hat sich viel verändert in der politischen Landschaft in Paderborn. Grundsätzlich verändern sich Menschen nicht gerne, sehen Veränderung eher als Bedrohung an. Gewohnte Fahrwasser zu verlassen bedeutet Unsicherheit, wir müssen wachsamer sein und unsere ganze Energie in die neue Situation stecken. Das bedeutet Arbeit und Anstrengung, das bedeutet mehr Selbstreflexion, mehr Diskussion und auch mehr Rücksichtnahme. Menschen kommen in ihrer Entwicklung aber nur voran, wenn sie kreativ werden und sich und ihre Umwelt verändern. Wir sehen die Entwicklung in Paderborn als große Chance  zu gestalten. Als Chance für mehr Demokratie. Heute machen wir den Anfang. Und wir wollen damit weiter machen. Zusammen, mit allen (!) Fraktionen, für die Menschen in Paderborn. 

Wir werden dem Haushalt zustimmen!