Faktencheck zum CDU-Tierschutz

Die CDU-Kreistagsfraktion hat offensichtlich alle Hände voll zu tun, dem wachsenden öffentlichen Druck nach wirksamerem Tierschutz etwas entgegen zu setzen. Deshalb wurden jetzt sogar der agrarpolitische Sprecher und der Vorsitzende des Kreis-Umweltausschusses zu einer Art Homestory in den Schweinestall eines Parteikollegen geschickt. In der dazugehörigen Berichterstattung wurden einige riskante Thesen aufgestellt, die von dem Tierarzt und grünen Kreistagsabgeordneten Dr. Grünau einem Faktencheck unterzogen wurden.

Zu den „vier größeren unabhängigen Kontrollinstanzen“, die die tierhaltenden Betriebe regelmäßig überwachen, wie es bei der CDU heißt:

1. Der Milchkontrollverband: dieser misst ausschließlich Menge und Qualität der abgelieferten Kuhmilch. Die Tierschutz- oder Haltungssituation wird generell nicht beurteilt, dazu würde den Kontrolleuren auch die Ausbildung fehlen.

2. Das Unternehmen „QS – Qualität und Sicherheit“ wurde nach der BSE-Krise 2001 von Verbänden der konventionellen Lebensmittelwirtschaft gegründet. Gesellschafter sind neben dem Deutschen Bauernverband (DBV) die Verbände der Fleischwirtschaft und der Fleischwaren­industrie sowie Vertreter des Futtermittel- und des Lebensmittelhandels.

3. In der Initiative Tierwohl haben sich die größten deutschen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels zusammengeschlossen wie zum Beispiel Aldi. Lidl, Edeka. Die Mitwirkung für Landwirte ist freiwillig, oft reichen allerdings die von den Konzernen bereitgestellten finanziellen Fördermittel nicht aus, um noch weitere Tierhalter teilnehmen zu lassen.

4. Zur amtlichen Überwachungstätigkeit durch das Kreisveterinäramt heißt es bei der CDU, es treffe nicht zu, dass dessen Kontrollen nur alle 5 – 10 Jahre stattfänden. Dagegen ist im Haushaltsplan des Kreises nachzulesen, dass die Behörde sich zum Ziel gesetzt hat, jährlich 10% aller tierhaltenden Betriebe zu kontrollieren. Wie bei dieser Vorgabe ein Kontrollintervall von fünf Jahren oder weniger zu erreichen sein soll, bleibt das Geheimnis der CDU.

Wenn privatwirtschaftliche Initiativen auch immer von einem Gewinninteresse vorangetrieben werden können sie doch gleichzeitig einen Schritt in die richtige Richtung darstellen. Wer sich erfolgreich am Markt bewegen will, hat häufig ein gutes Gespür für sich wandelnde Kundenerwartungen. Aktuelles Beispiel ist der Fleischunternehmer Tönnies, der zurzeit seine sämtlichen Schlachthöfe mit Videoüberwachung ausstattet. Dennoch können alle diese Maßnahmen immer nur eine Ergänzung und niemals ein Ersatz für eine wirkungsvolle staatliche Kontrolle auf der Grundlage der bestehenden Gesetze sein. Wer meint, eine effektive Tierschutzüberwachung könne privatwirtschaftlich organisiert werden, der glaubt auch, dass die Autoindustrie fähig sei, den Schadstoffausstoß auf den deutschen Straßen wirksam zu kontrollieren.

Die CDU-Vertreter sagen, sie setzen auf Dialog und Zusammenarbeit mit den Tierhaltern. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen, doch es regen sich Zweifel. Wenn offenkundige Missstände, wie sie sich gerade im letzten Jahr gehäuft haben verschwiegen oder kleingeredet werden, weder eigene Verbesserungsvorschläge vorgelegt werden noch überhaupt ein Problembewusstein erkennbar ist, trägt das eben nicht zur Vertrauensbildung bei zu recht verunsicherten Verbrauchern bei. Den gut arbeitenden Landwirten im Kreis Paderborn, die sich um das Wohl ihrer Tiere sorgen und die stolz auf ihre Produkte sind, wird durch Vertuschung und systematische Fehlinformation jedenfalls nicht geholfen.