“Die Mehrheit liegt jenseits der SPD” – Guido Reitmeyer zum Borchener Etat

Gestern ist ein Minderheitshaushalt im Borchener Rat beschlossen wurden. Vorangegangen war eine erbitterter und heftig ausgedehnter Haushaltsstreit um den chronisch defizitären Etat zwischen Grünen, CDU, freien Wählern auf der einen und Bürgermeister samt SPD auf der anderen Seite. Warum die Borcherner Grünen mit ihrer Enthaltung den Weg freigemacht haben, erläuterte Fraktionsvorsitzender Guido Reitmeyer. Im Bild eine Dehnfuge der A33 oberhalb von Borchen.

“Vieles ist zum aktuellen Haushaltsentwurf schon gesagt worden.
Vieles aber auch noch nicht. Manches muss aber auch nicht mehr gesagt werden. Unterm Strich haben alle, so denke ich, ein Stückchen Recht – auf ihre Weise. Aber mit einem urdemokratischem Verständnis, haben die letzten Debatten so ziemlich gar nichts mehr zu tun. Selbst wenn man nur noch nach vorne schauen möchte, so ist noch nicht einmal ein simples Gespräch zur Abstimmung möglich.

Ich frage mich, wie soll das bei unserer Arbeit hier im Rat zum Wohle Borchens weitergehen? Mehrere Tage habe ich mich mit dem Gedanken schon beschäftigt, eine Idee ist mir noch nicht gekommen.

So manches, Sie wissen es oder ahnen es Herr Bürgermeister, hatten wir am letzten Donnerstag noch, wie man so schön sagt, in petto. Ich werde es auch heute nicht mehr herausholen, eine Debatte bringt uns hier und heute kein Stück weiter.

Jeder hier weiß: die Mehrheit bei einer Abstimmung liegt nicht auf der Seite der SPD. Als Mehrheit jenseits der SPD könnten wir hier sehr leicht auf einer Veränderung des Haushaltes bestehen und so lange nicht zustimmen, bis ein Haushalt vorgelegt würde, der eine wirkliche Mehrheit zufriedenstellt. Der Weg dorthin würde vermutlich weiteres eskalatives Verhalten zur Folge haben, wie wir es in der letzten Zeit erlebt haben.

Wirklich schlimm, so hörten wir es vom Kämmerer, ist es im Moment bezüglich der Zahlen noch nicht, das Defizit im Haushalt führt uns – zumindest kurzfristig – nicht in die Haushaltssicherung. Aber wenn man jahrelang über seine Verhältnisse lebt, geht das nicht gut aus. Das kennt jede Bürgerin und jeder Bürger in Borchen aus dem eigenen Haushalt. Und wenn man in Jahren, in denen die Einnahmenseite hoch ist, es nicht schafft, ohne ein Defizit über die Runden zu kommen, so ist etwas nicht in Ordnung.

Auch die vorgeschlagene Steuererhöhung, die die Bürgerinnen und Bürger durch einen erneuten Steuerbescheid bald in Euro und Cent nachlesen können, mindert das strukturelle Defizit gerade mal um ein knappes Viertel.

Hier geht es auch nicht darum, wer Recht hat oder Recht bekommt. Hier geht es um Borchen und dass auch in Zukunft in Borchen gestaltet werden kann. Wir möchten weiterhin handlungsfähig bleiben und anstehenden Herausforderungen begegnen können.

… ich sage es mal so, wir alle hier sollten bereit sein, Kompromisse einzugehen, so funktioniert nun mal Demokratie, geschieht aber nicht. – Noch nicht einmal ein einfaches Gespräch – ist hier möglich.

Auf die von uns beantragte Arbeitsgruppe, die eine goldene Brücke zu einem Haushalt hätte bilden können, gehe ich nicht mehr ein. Dabei ist es wirklich an der Zeit, eine Lösung zu finden!

In den letzten Tagen musste ich häufiger an den „kaukasischen Kreidekreis“ denken. Das Theaterstück von Berthold Brecht ist nicht mehr ganz neu, aber immer wieder aktuell. Es besitzt ein Vorspiel und auch fünf Akte. Diese haben wir hier ebenfalls locker erreicht. Es handelt unter anderem auch von Streiten, Schmerzen und Loslassen.

“… und genau das werden wir Grünen jetzt hier tun – loslassen und heute über keinen Antrag zum Haushalt mehr diskutieren. Wenn die Zahlen, die am letzten Donnerstag in der Änderungsliste neu aufgenommen worden sind, weiterhin Bestand haben, werden wir den Haushaltsentwurf tolerieren und uns enthalten. Es muss weitergehen für die Bürgerinnen und Bürger in Borchen. Unseren kritischen Blick auf die Ausgaben der Gemeinde werden wir beibehalten: sicherlich beim laufenden Geschäft dieses Jahres und bei der Aufstellung des nächsten Haushaltes.”