Rede zur Demo #saveyourinternet Paderborn

Anlässlich der Demonstration des C3PB e.V. gegen die geplante europäische Urheberrechtsreform hielt Carsten Birkelbach, Kreisvorsitzender B’90/DIE Grünen und Informatiker die nachfolgende Rede. Sara von der Grünen Jugend hatte sich vorher bereits eindeutig gegen Upload Filter ausgesprochen, weil diese die Freiheit im Netz gefährden. Ihre Rede findet Ihr auf der GJ-Website. Jetzt aber hat Carsten das Wort.

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Nerds, sehr verehrte Bots,

Grundsätzlich halte ich Urheberrechte für wichtig, um Künstler_innen eine wirtschaftliche Grundlage ihres Wirkens zu sichern. Diese Reform hat aber so eklatante Fehler, dass zumindest die Artikel 11, 12 und 13 abzulehnen sind.

Samuel Jackisch vom ARD-Studio Brüssel kommentiert, wie ich finde, sehr treffend: „Stattdessen diskutieren Kritiker und Befürworter der Reform seit nunmehr drei Jahren nicht über den Gesetzestext selbst, sondern über dessen mögliche, wahrscheinliche und vermutliche Folgen – also meilenweit aneinander vorbei. Daran erkennt man ein handwerklich schlecht gemachtes Gesetz.“

Aus diesen Gründen fände ich es am besten wenn das Gesetz als ganzes noch einmal zurückgezogen und mit breiterer Beteiligung überarbeitet werden würde.

Meine Vorredner_innen haben ja bereits alles zum Artikel 13 und den damit einhergehenden Uploadfilter gesagt. Daher möchte ich noch ein wenig die weiteren kritischen Punkte der Urheberrechtsreform ansprechen.

Artikel 11 dem Leistungsschutzrecht für Zeitungsverlage:

Die Motivation ist einfach. Insbesondere Google verdient gut an der Bereitstellung von Suchergebnissen von News durch Werbung. Die Argumentation der Verlage ist hier, dass Google ohne ihre Inhalte nichts anzeigen und somit auch nichts verdienen könne. Deshalb wollen die Verlage etwas von diesem Kuchen abhaben.

2013 wurde dieses Gesetz bereits in Deutschland verabschiedet. Mit dem bekannten Ergebnis, dass Google aufgrund ihrer Marktmacht von allen Verlagen gratis die Lizenz bekam, ihre Inhalte ohne Vergütung zu zeigen. Kleinere Plattformen haben einzelne Verlage – vor allem Springer – aus ihren Suchergebnissen herausgenommen. Das heißt, es floss also nicht ein Euro mehr in die Kassen der Verlage!

2014 hat sogar ein vom Bundestag beauftragter Expertenrat empfohlen dieses Leistungsschutzrecht wieder aus dem Urheberrecht herauszunehmen.

Nun frage ich mich, warum die EU bei der Erstellung der Reform nicht stärker auf die Erfahrungen in Deutschland geschaut hat und Abstand von diesem Artikel genommen hat.

Artikel 12,  Ausschüttung von Verwertungsgesellschaften an Buchverlage

2016 wurde gerichtlich entschieden, dass die Buchverlage keine Ausschüttungen mehr der Verwertungsgesellschaften erhalten dürfen. Die Rechte der Urheber wurde damit gestärkt. Mit Artikel 12 soll diese Ausschüttung an die Verlage wieder ermöglicht werden. Damit wird den Urhebern ein Teil ihrer Einnahmen an ihren eigenen Werken genommen, obwohl sowohl der Europäische als auch der Bundesgerichtshof geurteilt haben, dass alle diese Einnahmen den Urhebern zustehen.

Was mich aber neben all der inhaltlichen Kritik am meisten stört ist die Art und Weise wie die Debatte um diese Gesetze abläuft. Kritik wird sehr despektierlich abgetan, die eigene Bedeutung des Internets auf alle Menschen übertragen.

Denn was den Hardlinern unter den Befürwortern fehlt, ist die Erkenntnis, dass das Internet für viele Menschen kein Ort der Freizeit, sondern der Arbeitsort und damit Grundlage ihres Lebens ist. Das Internet beeinflusst große Teile unseres Lebens. Wir sind kein Bots, die durch Google und Facebook auf die Straße geschickt wurden, sondern selbständig denkende Menschen, die sich einfach mit dem Internet auskennen, weil wir es täglich leben.

Und wir lassen uns erst recht nicht von den Nebelkerzen der CDU blenden. Im Koalitionsvertrag steht ganz klar, dass sie Uploadfilter ablehnt. Warum lehnt die CDU und auch die SPD diese mit ihren Abgeordneten im Europaparlament nicht einfach ab?

Statt dessen kommt die CDU damit um die Ecke, dass sie Uploadfilter in Deutschland nicht umsetzen will. Abgesehen davon, dass das ich nicht weiß, wie das rechtlich umgesetzt werden soll, ist das ein fatales Signal an alle anderen Staaten in Europa. Denn wir brauchen ein starkes, ein geeintes Europa und keine Flickentepich nationaler Alleingänge.

Mein Apell an alle Abgeorneten im Europaparlament:
Nehmt euren Mut am Dienstag zusammen und hört auf die Experten. Verabschiedet diese Gesetz in dieser Form nicht, sondern nehmt euch die Zeit, die Fehler aus dem Gesetz zu nehmen, bevor es das Internet in seiner bisherigen Form unwiderruflich zerstört.