Großer Andrang zur „Zukunft der Landwirtschaft“ – Debatte mit Bäuerinnen und Bauern

Die Stühle reichten nicht aus. Dichtgedrängt, zuletzt auch Tischen sitzend, diskutierten 170 Interessierte über die Zukunft der Landwirtschaft auf Einladung der Grünen in Paderborn im Haxterpark. Die grüne Landtagsabgeordnete Sigrid Beer moderierte die Podiumsdiskussion und bezog schnell das Publikum mit ein. „Es geht um das Verständnis füreinander und das gemeinsame Erarbeiten von Lösungswegen“, macht Beer gleich zu Anfang deutlich.

Als Vertreter der Bewegung “Land schafft Verbindung” betonte Marcus Blome aus Delbrück-Lippling, dass er klar gegen Verordnungen „von oben“ sei, da Veränderungen in der Tat nur gemeinsam gelingen könnten. Neben Politik und Landwirtschaft müssten sich aber auch die Verbraucher*innen auf diesen Wandel einlassen. Denn die Konsumenten müssten für eine gelungene Wende dazu bereit sein, höhere Preise zu zahlen.

Der Biobauer und grüne Landtagsabgeordnete Norwich Rüße pflichtete bei. „Für eine gute Zukunft der Landwirtschaft sind angemessene Preise für die Produkte nötig, das schließt auch tiergerechte Preise ein.“ Er forderte einen neuen Gesellschaftsvertrag für die Landwirtschaft, Er kritisierte die bisherige Exportstrategie, die auf die Ausweitung der Produktionskapazitäten setzt, die dann aber auch wieder die Preise drücken.

Franz-Josef Lüns, Vorsitzender des Bundes Deutscher Milchviehhalter im Hochstift, setzte darauf, dass die Landwirtschaft selbstbewusster und wieder marktwirtschaftlicher werden müsse „Die Bauern müssen eigene Standards setzen, wir sind das Maß aller Dinge“, so Lüns. Als Erfolgsmodell verwies er auf die Faire Milch, die längst aus den Regalen nicht mehr wegzudecken ist.

Markus Blome brachte es auf den Punkt. „Warum sind Produkte des fairen Handels vielfach in der Stadt auf Kaffee und Orangensaft beschränkt?“ Sigrid Beer nahm den Ball auf und plädierte dafür, dass in den Kindertagesstätten und Schulen der Stadt in einem ersten Schritt faire Milch und Milchprodukte Einzug halten sollten.

Ganz im Sinn von Kornelia Wegener, der Vorsitzenden der Landfrauen in OWL aus Borchen. Sie unterstrich, dass Bäuerinnen und Bauern zum Wandel bereit seien, allerdings vor allem in gemeinsamen, kleinen Schritten. Von Kindesbeinen an müsse die gesellschaftliche Wertschätzung von Lebensmitteln und Landwirtschaft gefördert werden, indem dies bereits in der Schule vermittelt würde. Sie forderte, dass alle Kinder in KiTa und Schule die Chance haben sollten, einen landwirtschaftlichen Betrieb kennenzulernen. In der Schule müsse das Thema Ernährungsbildung nach vorne gestellt werden.

Markus Blome räumte ein, dass die Bauerverbände auch Fehler gemacht hätten. Die aktuell von der Großen Koalition versprochene Milliarde kam bei den Podiumsgästen gar nicht gut an. Dadurch könne man sie nicht ruhigstellen oder kaufen. Franz-Josef Lüns machte deutlich: „Wir wollen das Geld nicht, wir wollen faire Preise und Vermarktung.“ Norwich Rüße verwies dazu auf die aktuellen Debatten im Landtag und macht aber auch deutlich, dass die Politik im Bund und die EU dringend in dies Debatte einbezogen werden muss. Aus dem Publikum kamen dazu zahlreiche Anregungen für eine veränderte Steuerung.

Sigrid Beer kündigte zum Ende des Abends an, dass die Grünen diese Impulse aufnehmen wollen und zu einer Folgeveranstaltung auch Experten aus dem Bundestag und dem EU-Parlament einzuladen.