“Gemeinsam für Demokratie” – Sigrid Beers Rückblick auf siebzehn Jahre

Ein Mandat zu erhalten, als Abgeordnete, für ein Parlament, für Legislative oder Exekutive zu arbeiten, ist ein Privileg und keine Position, um sich persönlich Privilegien zu verschaffen.

Diejenigen, die das nicht klar haben, beschädigen das demokratische Fundament, auf dem wir stehen, von dem wir zehren. Egal, ob Maskendeal-Profiteure oder Altkanzlergehabe, da wo das Gespür für politischen Anstand verloren geht, wird das Vertrauen in die demokratischen Strukturen und die politische Arbeit erschüttert, immer ein bisschen mehr angeknabbert. Das ist nicht entschuldbar, liefern solche Vorgänge doch den Demokratieverächtern, denen, die die parlamentarische Demokratie insgesamt desavouieren wollen, Futter.

 

Demokratische Diskurse zu stärken, transparent zu machen, wie um bestmögliche Lösungen für die anstehenden Probleme gerungen wird, wie tragfähige Konsense gefunden werden, darum müssen wir uns gemeinsam bemühen. Ich bin deshalb sehr dankbar, dass Sie heute hier sind, um auch zu zeigen, wie wichtig demokratische Strukturen sind. Es geht dabei eben nicht um das Bejubeln von Parteipolitik. Ich ermuntere Sie geradezu, die Kolleg*innen immer wieder zu fordern und kritisch zu begleiten.

Wenn ich auf 17 Jahre parlamentarische Arbeit zurückblicke, dann bin ich zu allererst den GRÜNEN hier im Kreisverband Paderborn dankbar. Es ist ja nicht selbstverständlich eine Spätberufene und Seiteneinsteigerin in der politischen Arbeit, schließlich bin ich nicht mit einem grünen Parteibuch in der Wiege groß geworden, sondern erst mit 43 Jahren eingetreten, dann wenige Zeit später schon als Landtagskandidatin aufzustellen.

Der zweite Dank geht an das Mitarbeiter*innenteam in Düsseldorf und Paderborn, das mich in den letzten 17 Jahren so tatkräftig unterstützt hat, stellvertretend möchte ich hier Petra Tebbe nennen, die das Gesicht und zuverlässige Ansprechpartnerin im Wahlkreisbüro gewesen ist und weiterhin sein wird. Das freut mich sehr. Abgeordnete sind und dürfen keine Einzelkämpferinnen sein. Danke, liebe Petra, für Deine immer zuverlässige, kluge und kompetente Unterstützung.

Der dritte Dank geht an alle, die mir Vertrauen entgegengebracht haben, ihre Anregungen und Forderungen vorgebracht und mir zugetraut haben, in der Sache etwas zu bewegen.

 

Mein Leib- und Magenthema ist sicherlich die Bildungspolitik. Ein zentraler Anstoß mich parteipolitisch zu engagieren lag ja auch im Engagement für die erste Gesamtschule in der südlichen Region des Regierungsbezirks und Paderborn. Das inzwischen so viele integrierte Schulen dazugekommen sind, freut mich deshalb besonders. Die Unterstützung ihrer Arbeit und der Inklusion bleibt weiter auf meiner Agenda.

Mein Herzensthema war und ist die Petitionsarbeit. Nirgends ist frau als Abgeordnete näher an den Sorgen und Nöten der Menschen, an Lebensrealitäten. Auch da ging es häufig um Inklusion. Klar, es braucht Regelungen, Verordnungen und Erlasse. Wenn sie aber zum Gefängnis für Empathie werden und sinnvolle menschengerechte Lösungen vereiteln und zu Beton erstarren, müssen sie überdacht und verändert werden.

Die Hilfe für Menschen, die bei uns Schutz vor Krieg und Verfolgung und existentieller Not gesucht haben hat jedoch die Mehrzahl der Petitionen ausgemacht, die mir persönlich vorlagen. Dabei sind es nicht nur die Fälle, die öffentlich Aufsehen erregt haben, wie z.B. das Zurückholen der Schülerin, die aus dem Unterricht heraus nach Nepal abgeschoben wurde oder das zweijährige Ringen um eine Familienzusammenführung, damit ein Kleinkind zu seiner Familie einreisen darf. Es sind auch die vielen leisen Einzelfälle, jeder mit eigener, häufig anrührenden Geschichte, die im Gedächtnis bleiben. Sie sagen mehr als die bloße Statistik, mehr als die Zahl von 3865 Petitionen, die ich bearbeiten durfte, (bei der Zahl habe ich mir selbst die Augen gerieben).

Etliche davon übrigens auch aus Stadt und Kreis Paderborn sowie der Region. Ich freue mich sehr, dass auch diese Arbeit engagiert in der neuen Fraktion fortgeführt werden wird, u.a. durch Christina Osei. Die GRÜNEN waren und sind immer eine Bank in der Petitionsarbeit. Danke und viel Erfolg für Deine Arbeit, liebe Christina, im Sinne der Menschen, die Hilfe suchen!

 

Natürlich ist meine Freude besonders groß, dass der Kreis und die Stadt Paderborn weiterhin eine grüne Landtagsabgeordnete als Ansprechpartnerin vor Ort haben. Jede Legislatur hat ihre eigenen Herausforderungen, aber noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik waren sie so massiv und gleichzeitig auf dem Tisch.

Klimakrise, Corona, der russische Angriffskrieg in Europa, die dadurch ausgelöste Energiekrise, verbunden mit sozialen Ängsten und Armutsbedrohung. Dazu Rechtsextremisten, gepaart mit Verschwörungsrhetorikern, die im Krisenhopping versuchen, die Ängste der Menschen zu instrumentalisieren, gegen Minderheiten zu hetzen, aus den Krisen und Verunsicherung der Menschen politisches Kapital zu schlagen und die parlamentarische Demokratie auszuhebeln. Deshalb ist es wichtig, dass die Repräsentantinnen der demokratischen Parteien nahbar bei den Menschen sind, politische Prozesse und Konsense und Kompromisse transparent vermitteln.

Es ist jedoch genauso wichtig, dass die Zivilgesellschaft Position bezieht. Die Politik kritisch begleitet und fordert und gleichzeitig da Stellung bezieht, wo die Würde von Menschen angetastet und verletzt wird, wo Minderheiten bedroht werden, wo Gerechtigkeit in Schieflage gerät, wo Lebensgrundlagen bedroht sind und das demokratische Gemeinwesen in Frage gestellt wird.

In diesem Sinne möchten ich Sie bitten, die Arbeit der „neuen“ und zugleich lebens- und politikerfahrenen Landtagsabgeordneten Norika Creuzmann zu begleiten.